Auch Fleischesser dürfen in den Urlaub

von Klaus Koch

Klaus Koch

Für Raucher ist der umbaute Raum längst knapp geworden. Geduldet werden sie nur auf markierten Bahnhofsflächen oder in Gaststättenhinterhöfen neben dem Müll. Die Nichtraucher haben gesiegt. Doch schon rüstet die Lobby für gesundes, ökologisch und moralisch ­einwandfreies Leben gegen den nächsten Gegner: den Fleischesser. Fleisch ist ungesund, erhöht den Ausstoß von Kohlendioxid und quält die Kreatur. Noch begegnet der Weniger-Fleisch-Bewegung oft Häme. Sogar in der Landessynode. Dort wurde ein Antrag – nur einmal Fleisch pro Tagung – zurückgezogen. Die Antragstellerin sah ihr Anliegen wegen der flapsigen Debatte nicht ernst genug genommen.

Jede Bewegung hat am Anfang mit Geringschätzung zu kämpfen. Die Zeit wird es – wie bei Rauchern, emanzipationsresistenten Männern oder Energieverschwendern – richten. Im Urlaub ist moralisch korrektes Leben besonders schwer. Wo darf’s hingehen? ­Fliegen ist umweltschädlich. Spanien? Nein, Stierkampf wird nicht unterstützt. ­Italien? Nö, die fangen Vögel und essen sie. Frankreich wird wegen Froschschenkeln und Gänseleber nicht betreten. Und die Schweiz ist nicht nur teuer, sie quält auch Kühe mit Glocken. Zu Hause bleiben? Nein, in Deutschland ist das Fleisch zu billig. Ach, wie ist die Welt so kompliziert: schönen Urlaub!

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