Die Wurzel des Terrors ist der Koran

von Helmut Frank

Helmut Frank

Es macht Hoffnung: In Teilen des ­Islam wächst die Einsicht, dass der ­radikale Islamismus doch etwas mit dem Islam und dem Koran zu tun hat. Der ägyptische Staatspräsident Abd al-Fattah as-Sisi fordert eine „reli­giöse Revolution“, um dem wachsenden Extremismus zu begegnen. Er ­betont, es liege in der Verantwortung religiöser Führer, das radikale Denken von Terrororganisationen wie dem ­Islamischen Staat oder El Kaida zu korrigieren, und fordert eine „Auf­klärung“ in der Deutung religiöser Texte. Eine ebenso ungeheure wie überfällige Forderung.

Damit ist noch nichts wirklich passiert; aber im Land der Reformation weiß man, welche Dynamik sich aus einem mutigen Debattenbeitrag entwickeln kann. Ägyptens Präsident macht klar, dass islamistischer Terror sehr wohl mit dem Islam zu tun hat – und mit der Deutung religiöser Texte. Das macht den Vorstoß so radikal. Er geht an die Wurzel: den Koran.

Die große Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime hat nichts mit Islamismus zu tun, sondern identifiziert sich mit dem Rechtsstaat. Sie wollen keine Scharia, keine Burka und wollen nicht als Märtyrer ins ­Paradies eingehen. Sie haben keine Lust, ständig mit islamistischem ­Terror in Verbindung gebracht zu werden. Sie achten die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Was dagegen steht, hat keinen Platz: ­Scharia-Polizei, Ehrenmorde, Parallelgesellschaften, Familiengerichte.

Genau deshalb ist das Mantra „Das hat nichts mit dem Islam zu tun“ gefährlich. Islamistischer Terror hat mit dem Islam zu tun. So falsch es ist, Islam mit Islamismus gleichzusetzen, so falsch ist es, jeden Zusammenhang zu leugnen: El Kaida, Boko Haram, der Islamische Staat und die Taliban haben mit dem Islam zu tun. Das Regime der Ajatollahs im Iran hat mit dem Islam zu tun. Die Kämpfe zwischen Schiiten und Sunniten in Syrien und im Irak haben mit dem Islam zu tun. Wenn Gotteslästerer in Saudi-Arabien ausgepeitscht und Ehebrecherinnen gesteinigt werden, hat das mit dem Islam zu tun. Die Attentäter vom 11. September 2001 hatten mit dem Islam zu tun. Die islamistische Blutspur durchzieht die ganze Welt. Im Namen keiner anderen Religion werden derart grausame Taten begangen.

Die christliche Reformation erhielt ihre Dynamik durch fortwährenden Diskurs – in Reden, Predigten, Briefen, Flugschriften und Disputationen. Man wünscht dem Islam diesen Mut und Willen zur Auseinandersetzung und zur Aufklärung: Toleranz gegenüber anderen Religionen, Vorrang staatlicher vor religiösen Gesetzen, Gleichberechtigung der Frau. Noch erhebt der Islam Anspruch auf den ganzen Menschen, die ganze Gesellschaft, auf den Staat, das Recht, die Moral, das Denken. Dieser totalitäre Anspruch steht dem Freiheitsgedanken unvereinbar gegenüber.

Helmut Frank ist Chefredakteur des Bayerischen Sonntagsblatts.

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