Bilderbücher zum Thema Tod

Kitty Crowther
Der Besuch vom kleinen Tod
Hamburg 2011

„Der Tod ist eine reizende kleine Person. Doch das weiß niemand.“ Wer hätte das gedacht? Mit dieser erstaunlichen Aussage beginnt ein einfühlsames und nachdenkliches Büchlein – nicht nur für Kinder.

Der kleine Tod gibt sich viel Mühe: Er nähert sich leise den Sterbenden, klopft vorsichtig an ihre Tür, nimmt sie bei der Hand und führt sie behutsam fort ins Totenreich. Dort macht er ihnen fürsorglich ein Feuer, damit sie nicht frieren. Doch die Verstorbenen sind voller Angst. Keiner mag den kleinen Tod, bis er eines Tages auf Elisewin trifft. Sie freut sich auf und über den kleinen Tod und erinnert ihn daran, dass er selber auch noch ein Kind ist. Elisewin erklärt, dass ihr nun endlich nichts mehr weh tut und sie sehr froh mit ihm gehen will. So verbringen die beiden eine wunderbare Zeit miteinander, sie toben und spielen. Doch Elisewin kann nicht bleiben. Kleiner Tod ist traurig und noch einsamer als vorher. Doch dann erscheint Elisewin wieder als Engel. Und von nun an holt sie gemeinsam mit dem kleinen Tod die Sterbenden ab, damit sich niemand mehr fürchten muss.

Schon zu früheren Zeiten hat man dem abstrakten Phänomen des Sterbens die Gestalt des Sensemanns gegeben. Davon gibt es zahlreiche mittelalterliche Darstellungen. Kindern den Tod zu erklären, indem man ihn als Person vorstellt, die Gedanken, Gefühle und eine Sprache hat, ist ein schöner Zugang zum Thema. Der kleine Tod wirkt sympathisch in seinem Kummer, dass niemand ihn mag. Das kennen Kinder aus eigener Erfahrung. Und sie freuen sich mit ihm, wenn er in Elisewin eine Freundin findet. So wird den Kindern aber auch vermittelt, dass der Tod für Sterbende nicht schlimm sein muss, vielleicht eine Erlösung von großen Leiden bedeutet und er mitunter herbei gesehnt wird. Vielleicht wird dem Tod, der für die Zurückbleibenden viel Kummer bringt, etwas von seinem Schrecken genommen.Dabei wird nicht verschwiegen, dass der Tod zu allen Menschen kommt und Angst macht, aber es wird eben auch die andere Seite des Todes gezeigt.

Mit wenig Text und großen Bildern, in denen zwar schwarz und weiß dominieren, Farbtupfer in braun und orange aber die Stimmung „erwärmen“, entwickelt sich Spannung und eine überraschende Geschichte. Es geht nicht nur um das Ende des Lebens sondern um den Anfang einer innigen Freundschaft und nicht zuletzt um ein neues Leben nach dem Tod.

Urd Rust


Peter van der Pol
Zeichnungen: Peter van Harmelen
Ich denke an dich …
Rosmalen, Niederlande 2011
(ohne ISBN zu beziehen über den Verlag am Birnbaum)

„Jemand ist gestorben.
Jemand, den du sehr lieb hattest.
Eine Person, die für dich wichtig war.
Eine Person, die dir jetzt fehlt.
Wenn du jemanden sehr vermisst, ist es gut darüber zu sprechen. Über das, was du noch weißt, über das, was zum Beispiel nett und schön mit dieser Person war. Du kannst darüber auch malen oder schreiben. Dafür ist dieses Buch. Schreibe, male oder klebe einfach hinein, was du willst ...“

So beginnt das Erinnerungsbüchlein, das ich von meiner Patin geschenkt bekommen habe. Vor einem Jahr ist meine Oma plötzlich gestorben. Jetzt kann ich mir mein eigenes Erinnerungsbuch machen.

Auf den ersten beiden Seiten kann ich über mich schreiben, über mein Profil. Dann beginnen die Seiten, wo ich Dinge über meine Oma schreiben kann. Da muss ich mich schon sehr genau erinnern – oder nachfragen. Es gefällt mir, dass ich auch schreiben kann, was nicht so toll war.

Immer wieder kann ich Fotos einkleben und Bilder malen oder auch längere Texte schreiben. Ich kann erzählen, wie es war, als Oma gestorben ist, als ich sie noch mal gesehen habe, wie sie tot war, als sie beerdigt wurde. Ich kann mir Gedanken machen, wo meine Oma jetzt ist und wie es ihr geht.

Besonders schön an dem Buch ist, dass Fragen kommen, über die man noch nicht nachgedacht hat. Von mir aus wäre ich nicht auf die Idee gekommen zu fragen:

  • Welche Lieblingsfernsehsendung hatte meine Oma?
  • Was hat sie gerne auf dem Butterbrot gegessen?
  • Wonach hat meine Oma beim Kuscheln gerochen?
  • Wo ist Oma jetzt? Ist es dort schön und geht es ihr gut?
  • Was hätte ich mit meine Oma noch gerne gemacht?

Ich muss mir dafür noch richtig Zeit nehmen. Vielleicht kann ich auch nicht alle Fragen beantworten. Aber ich will meine Oma nicht vergessen. Deshalb ist jetzt die Zeit, so ein Erinnerungsbuch zu machen.

Max Schlosser


Ulf Nilsson, Anna-Clara Tidholm
Adieu, Herr Muffin
Moritz-Verlag, 2003, 40 Seiten, 21,5X21,5 cm
ISBN 3895651486, 12,80 Euro

Zielgruppe:
Für Menschen ab 5 Jahren

Thematischer Schwerpunkt
Vom Altwerden und Sterben

Inhalt:

Herr Muffin ist ein alter, grauer Meerschweinchen-Mann. Er hat viel erlebt, ein Menge Gurken und Mandeln gegessen, hatte eine Frau („Viktoria, schwarz wie die Nacht, schön wie der Tag“) und sechs kuschelige, kleine, süße Kinder. Nun ist er alt, er bekommt Schmerzen im Bauch und in den Beinen, die Tierärztin kommt und schüttelt den Kopf. Herr Muffin wird sterben - vielleicht heute, vielleicht morgen oder in einer Woche. Das alles weiß wohl ein Kind. Denn es schreibt ihm Briefe. In seinen Briefen schreibt es seine Gedanken zum Tod, und es stellt die Fragen, die wir Menschen uns in Situationen von Abschied und Sterben immer stellen: Gibt es einen Himmel? Muss man Angst haben vor dem Sterben?

Schließlich stirbt Herr Muffin, Todesanzeigen erscheinen, scheinbar trauert die ganze Welt, es gibt eine schöne Trauerfeier. Alle weinen, denn Herr Muffin ist tot. Er wird vermisst und so viele Fragen bleiben.

Die Darstellung der Geschichte bleibt zauberhaft in der Schwebe zwischen tierischem und menschlichem Erleben, zwischen kindlicher Vorstellungswelt und Realität, zwischen den Briefen und der Erzählung über Herrn Muffin, zwischen einer inneren und einer äußeren Bühne. Dazu tragen die Abbildungen bei, die Herrn Muffin liebevoll als Meerschweinchen-Opa, alt und lebenssatt zeichnen, wie auch seine Erinnerungsbilder ihn leicht und jung darstellen.

Einerseits ist Herr Muffin ein Opa im Lehnstuhl in seinem Wohnzimmer mit Briefkasten und Bildern, andererseits ist Herr Muffin das Meerschweinchen in der Natur, mit seiner Gurke und Mandeln, der Briefe zerknabbert ... In dem, was das Meerschweinchenleben ausmacht, findet sich das Menschenleben wieder, alle Fragen des Lebens und Sterbens, nach dem Sinn und den Hintergründen stellen sich hier auch. Dieser fließende Übergang zwischen den Welten ist mit viel Humor gestaltet, was das Thema nicht verharmlost oder abflacht, sondern emotional vertieft.

Man kann lachen und weinen gleichzeitig. Die Realität von Verfall, Abschied, Tod und Sterben wird deutlich angesprochen. Im Tod sind Herrn Muffins Pfoten steif und unbeweglich geworden. Er ist wirklich tot. Alle trauern. Voller Liebe wird er mit einem Taschentuch und Löwenzahnblüten ins Grab gelegt. Hilflos bleibt niemand zurück, denn „...jeder kommt am End nach Haus.“

Mit diesem Satz ist das Buch offen für die Formulierung eigener Glaubenshoffnungen. Eine Herausforderung und eine Chance für die religiöse Sprachfähigkeit der Erwachsenen. Durch Herrn Muffin ist das Tabu erledigt und die Scheu zurückgetreten.

Ein wunderschönes Buch, voller Weisheit und menschlicher Größe und eine gute Gelegenheit, über den Tod nachzudenken und darüber zu sprechen, mit Kindern oder miteinander.

Anregungen:

Mit Kindern im Grundschulalter kann man das Motiv der Briefe an Herrn Muffin gestalten. Ein Briefkasten aus Pappe ist schnell gebastelt. Wenn das Buch vorgelesen wir, holt man an jeweils an entsprechender Stelle einen Brief aus dem „Briefkasten“ und liest ihn vor. Den letzten Brief kann man auch die Kinder verfassen lassen, bevor das Buch zu Ende gelesen wird.

Urd Rust


Ulf Nilsson, Eva Erikson
Die besten Beerdigungen der Welt
Frankfurt/M, 2006

Für Erwachsene ganz erstaunlich: Beerdigungen als Rezept gegen die Langeweile. Für Esterund den kleinen Ich-Erzähler ist diese kreative Beschäftigung mit dem Thema Tod und Sterben auch ein Weg, die Angst vor dem Unbekannten und Bedrohlichen zu bearbeiten.

Ester ging auf der Lichtung hin und her. Sie dachte nach und dann hatte sie eine Idee. „Die ganze Welt ist voller Toten“, sagte sie. „In jedem Gebüsch liegt ein Vogel, ein Schmetterling, eine Maus. Jemand muss nett sein und sich um sie kümmern. Jemand muss sich ofern und sie beerdigen.“ „Wer?“, sagte ich. „Wir“, sagte sie.

Während die große Ester die Sache immer von der praktischen Seite sieht, stellt sich der Kleine als Denker und Philospoh heraus: „Ich kann schreiben, denn ich denke viel und habe viele Worte in mir.“ Also schreibt und rezitiert er die passenden Gedichte am Grab. Die schön gestaltete Beerdigung einer Hummel ist nur der Anfang eines richtigen Unternehmens. Ein Tier nach dem anderen wird zur Ruhe gebettet, die Zeremonie wird auf sehr originelle Weise immer ausgereifter.

Dabei werden die Fragen immer drängender, die Gespräche existentieller, die Gedichte philosophischer.. Schließlich scheint alles und jedes erschöpft und „Am nächsten Tag machten wir dann etwas ganz anderes.“

Ich mag diese Bücher von Ulf Erikson sehr gerne. Er hat eine ungewöhnlich erfrischende Art, Lebensfragen zu behandeln und Geschichten von Kindern zu erzählen. Ein gutes Bilderbuch zum Anschauen, Schmunzeln Nachdenken und für ein interessantes Gespräch mit und unter Kindern. Keine Angst vor dem Beerdignungsspiel! Es bietet doch ungeahnte Entdeckungsmöglichkeiten.

Urd Rust


Pernilla Stalfelt (Text und Bild). Dt. von Brigitta Kircherer.
Und was kommt dann? Das Kinderbuch vom Tod
Frankfurt a. M.: Moritz 2001

Thematischer Schwerpunkt
Ereignisse, Rituale, Phänomene und viele Fragen rund um das Thema Sterben und Tod: was passiert und wie gehen die Menschen damit um?

Inhalt

Dieses Buch ist ein-Sachbuch im Comicstil, humorvoll und souverän im Umgang mit einem gefühlsbeladenen Thema. Ganz nüchtern stellt es die Frage: Und was kommt nach dem Tod? Das möchten nicht nur Kinder wissen. „Alles Leben kann sterben“ beschreiben die ersten Seiten in Text und Bild. Und manchmal tut es auch sehr weh, ist traurig und leer, wenn jemand stirbt.“

Anschließend werden unterschiedliche Deutungen und Bilder über das „Danach“ vorgestellt: Die Seele fliegt vielleicht zu Gott ... in einer Rakete? Die Toten werden im Himmel vielleicht zu Engeln ... auch Leopardenengel? Manche Leute meinen, nach dem Tod wird alles schwarz... oder bunt? Manche Leute meinen, man wird etwas ganz anderes nach dem Tod, vielleicht eine Blume, ein Baum, ein Stern, ein Elch.... eine Bratwurst? Dazu werden in Zeichnungen und Anmerkungen verschiedene Beerdigungsbräuche und Rituale vorgestellt.

Dieses Buch ist kein „Trostbuch“ für Menschen, die in Trauer leben. Auch wenn Gefühle thematisiert werden, sind sie nicht betont. Hier soll die Neugier von Kindern befriedigt werden, die unbefangen und ohne schwere Trauererfahrungen einfach nur viele Fragen haben. Sie werden angeregt, selbst Antworten zu suchen. Das gelingt nicht zuletzt durch eine gehörige Portion Humor, der immer wieder durchscheint. Viele kleine Randbemerkungen in den kleinen Zeichnungen, in Sprechblasen oder oder auch „ohne Worte“ bringen Leichtigkeit in das Thema, ohne zu bagatellisieren.

Die Bilder erinnern an Kinderzeichnungen, schnelle Kritzeleien wie Gedankenblitze. Strichmännchen-Karikaturen, oft koloriert, schlicht, pointiert und unmittelbar verständlich prägen zusammen mit der Themenführung und den „Randbemerkungen“ das Bild eines informativen, humorvollen und deshalb hilfreichen Sachbuches, das bei einem schwierigen Thema großen und kleinen Menschen ein Stück weiter helfen kann.

Die Autorin Pernilla Stalfelt ist 1962 in Örebro in Schweden geboren, studierte Kulturwissenschaften und Kunst und hat viel mit Vorschulkindern gearbeitet. Heute lebt sie in Stockholm und arbeitet als Museumspädagogin am Museum für moderne Kunst.

Zielgruppe:

Geeignet ist das Buch für Kinder ab vier bis fünf Jahren, die nicht unmittelbar von Trauer betroffen sind. Wenn das Tabuthema „Tod“ vorbereitend auf den „Ernstfall“ bearbeitet werden soll, dann ist dieses Buch sinnvolles Material im Schulunterricht, im Kindergottesdienst, in Kindergruppen, aber auch für Eltern und Erzieher/innen bzw. Lehrer/Innen, die sich selbst mit dem Thema beschäftigen wollen.

Vorschlag:

Ausgehend von den Seiten, die von den verschiedensten Vorstellungen des „Danach“ handeln, kann ein Plakat mit den Kindern gestaltet werden, auf dem sie ihre eigenen Vorstellungen einbringen können.

Urd Rust


Christine Hubka
Wo die Toten zu Hause sind
Wien 2004
ISBN 3-7022-25129

Für Menschen ist es sehr wichtig, dass sie ein Zu Hause haben. Wer gestorben ist, kann nicht zu Hause bleiben, sondern wird auf den Friedhof getragen. Aber die Toten sind dort auch nicht zu Hause, denn ihr Zu Hause ist bei Gott. Damit wird in diesem Bilderbuch eingeleitet, was in Bildern und Worten dann entfaltet wird: Das biblische Bild vom Haus Gottes mit den vielen Wohnungen aus Johannes 14, 2-3. Die Wohnungen werden als unterschiedliche Zimmer beschrieben, die offen sind für die verschiedenen Menschen mit ihren verschiedenen Lebenserinnerungen. Dort erfahren sie Gottes Liebe und Hilfe.

Die Mühseligen und Beladenen werden entlastet, die Selbstzweifler können sich lieben lernen, die Kranken werden geheilt, die Musikliebhaber dürfen musizieren, die Traurigen werden getröstet und die Gewalttätigen werden friedlich. Alle treffen sich am Ende im großen Feierraum des Hauses zu einem wunderbaren Fest.

Das Buch arbeitet mit einer ganzen Reihe biblischer Motive, die auch im Anhang aufgeführt sind. Die biblischen Bilder sind stark und durchaus seelsorgerisch. Wenn der durch einen Motorradunfall umgekommene junge Familienvater, der ein Hobby-Gitarrist und Beatles-Fan war, in Gottes Musikzimmer vorgestellt werden kann, dann ist das tröstend. Gelingt es Trauernden, den oder die Verstorbene in einem der Zimmer des Hauses Gottes unterzubringen, dann kann dieses Buch helfen – unabhängig vom Alter der Leserinnen oder Leser.

Die Stärke des Buches ist nicht nur der Umgang mit christlichen Hoffnungsbildern, sondern auch sein religionspädagogischer Anhang. In einfacher Sprache wird dort zum Gespräch mit Kindern ermuntert, die kindliche Wahrnehmung des Todes und die verschiedenen Stationen der Trauer beschrieben und schließlich für eine Teilnahme der Kinder an Beerdigungen plädiert.

Die Bilder werden sehr unterschiedlich beurteilt. Kinder und Menschen, die mit Kindern arbeiten, sind meistens begeistert.

Mit Kindern würde ich das Buch als Kamishibai-Theater (www.bauanleitung.org/kinder/kamishibai-bauanleitung) vorstellen. Gemeinsam gestalten wir (auf einem Poster oder mit Schuhschachteln) das Haus Gottes mit verschiedenen Materialien (Stoffe, Klebefolie, Naturmaterialien, Glassteine …). Die Kinder dürfen dann ihre Lieblings-Zimmer im Haus Gottes gestalten. So bleibt die optische Darstellung für verschiedene innere Bilder offen.

Urd Rust