Spannende Erfahrungen mit einer fremden Kultur

Pfälzer Christinnen bereiten sich auf den Weltgebetstag vor – Gelebte Solidarität mit Frauen in aller Welt – Gottesdienstordnung aus Surinam

Zum Teil seit Jahrzehnten dabei: Etwa 20 Frauen sind im evangelischen Gemeindehaus Winnweiler zusammengekommen. Foto: Jung

Benachteiligt: Frau in Surinam beim Zubereiten des Essens. Foto: Karin Schmauder

Am 2. März wird in über 120 Ländern der Weltgebetstag gefeiert. In diesem Jahr haben Frauen von Surinam die Gottesdienstordnung erarbeitet. Überall treten Frauen an, sie umzusetzen und holen sich in Vorbereitungsseminaren entsprechende Anregungen. Ein ökumenisches Miteinander aus Überzeugung und mit großem Engagement.

Etwa 20 Frauen sind im evangelischen Gemeindehaus Winnweiler zusammengekommen. In der Mitte des Raums sammeln sich auf rotem Stoff exotische Pflanzen und Postkarten, dazwischen ein Fächer, Dekoschildkröten und eine Kokosnuss. Ein wohlüberlegtes Arrangement und Symbol für das Land, unter dessen Fahne der diesjährige Weltgebetstag steht: Surinam.

„Ehrlich gesagt, weiß ich kaum etwas über dieses Land. Deshalb freue ich mich, etwas darüber zu erfahren“, sagt Astrid Müller von der Mennonitengemeinde Sembach. „Ich habe 2007 zum ersten Mal beim Weltgebetstag aktiv mitgewirkt. Damals kam die Gottesdienstordnung aus Paraguay. Da ich selbst ursprünglich von dort stamme, hat mich das natürlich interessiert, und ich habe zum Treffen der Frauen landestypische Spezialitäten mitgebracht.“ Seither ist sie jedes Jahr mit von der Partie. Aus verschiedenen Gründen. „Es ist nicht nur spannend, etwas über fremde Kulturen zu erfahren, ich finde es auch schön, bei den Vorbereitungen anderen Frauen zu begegnen und mich mit ihnen auszutauschen.“

Regina Mayer-Oelrich, Vorsitzende des Presbyteriums in Winnweiler und in der Frauenarbeit tätig, ist so lange beim Weltgebetstag dabei, dass sie die Jahre nicht mehr zählen kann. „Es sind bestimmt 20, wenn nicht sogar 30.“ Sie war auch die Ansprechpartnerin für die Anmeldungen zum Vorbereitungsseminar. Die Leitung übernehmen allerdings drei Mitstreiterinnen. Eine von ihnen ist kfd-Diözesanleiterin Gabriele Heinz. Ihre nahezu 40-jährige Mitwirkung beim Weltgebetstag empfindet sie als Bereicherung. „Es ist gelebte Solidarität mit den Frauen in aller Welt und ein Sammeln von Informationen, die den Blick erweitern. Neue Fäden werden geknüpft, alte Kontakte vertieft. Daraus entsteht ein fruchtbares Netzwerk.“

Zusammen mit Martina Marx-Schöneberger und Anika Schäfer führt sie die Teilnehmerinnen in die Welt von Surinam ein, macht sie mit dem Motto „Gottes Schöpfung ist sehr gut!“, den dazu ausgewählten Bibelstellen und Gottesdienstelementen vertraut. Auch die Lieder wollen eingeübt werden. Sie kommen bei den Frauen gut an. „Die Melodien sind nicht kompliziert und deshalb einprägsam. Das ist gut, denn einige Lieder möchte ich gern in den Gottesdienst meiner Gemeinde einbringen, und wenn sie schwer zu singen sind, ist das ein Problem“, sagt eine Frau aus Winnweiler. Ihre Nachbarin überlegt, wie sie den Altarraum in der heimischen Kirche schmücken könnte. „Blumen und Früchte wären schön, dazu vielleicht noch ein paar Dinge, die hier arrangiert sind.“

Für Anika Schäfer ist es wichtig, sich mit den Bibelstellen auseinanderzusetzen. „Jedes Jahr bietet die Möglichkeit, sich mit einem anderen Text zu beschäftigen und das Wissen zu vertiefen. Das ist ebenso spannend, wie den Gottesdienst immer wieder anders zu feiern.“ Die Verbundenheit mit der Frauenwelt steht bei Martina Marx-Schöneberger im Vordergrund. Sie interessiert, was die Frauen in anderen Ländern bewegt, wie sie leben, welche Probleme sie haben und wie diese sich von denen deutscher Frauen unterscheiden. „Man bekommt ein anderes Verständnis, wenn man sich in andere Lebenswelten hineinbegibt“, bestätigt auch Sabine Schäfer von der protestantischen Kirchengemeinde Sembach.

Nach einer Einführung in alle Aspekte Surinams arbeiten die Frauen in Kleingruppen weiter. Um schließlich mit neuem Wissen und vielen Ideen im Gepäck in ihre Gemeinden zurückzukehren. „Mal sehen, ob sich im Gottesdienst am 2. März alles umsetzen lässt, was ich im Kopf habe“, meint eine Frau und versucht, den leisen Zweifel wegzulächeln. Friederike Jung

Instabile Wirtschaftslage verursacht große Armut

Gebetstag beleuchtet Not der Frauen in Surinam – Sozialsystem wegen Staatsschulden kaum finanzierbar

Surinam, das kleinste Land Südamerikas, liegt zwischen Guyana, Französisch-Guyana und Brasilien. Im Norden stößt es an den Atlantischen Ozean. Es zählt etwa 540?000 Einwohner, davon leben 241?000 in der Hauptstadt Paramaribo, seit 2002 Weltkulturerbe. Das tropische Klima beschert eine große Artenvielfalt in Flora und Fauna. 80 Prozent des Landes nimmt Regenwald ein.

Von verschiedenen Kolonialmächten in Besitz genommen, tauschten die Briten 1667 das kleine Land gegen die holländische Siedlung Nieuw Amsterdam (das heutige New York). Die Holländer legten Baumwoll-, Zuckerrohr- und Kakaoplantagen an. Um sie zu bewirtschaften, rekrutierten sie zunächst die indigene Bevölkerung, holten dann jedoch Sklaven aus Afrika – etwa 300?000 zwischen 1500 und 1850. Nach Ende der Sklaverei 1863 warben die Kolonialherren Frauen und Männer aus Britisch-Indien, China und Java an. Später kamen Libanesen und Migranten aus den Nachbarländern hinzu. Entsprechend bunt ist das Gemisch an Völkern, Kulturen und Religionen. 48,4 Prozent der Surinamer sind Christen, gefolgt von Hindus, Muslimen und anderen Religionen. Den größten Teil der protestantischen Kirche, die etwas größer als die katholische ist, stellen pfingstlich-charismatische Gemeinden und die Herrnhuter Brüdergemeine.

Im 20. Jahrhundert basierte die Wirtschaft auf dem Abbau von Bauxit für die Aluminiumherstellung. Nach Schließung der Mine 2015 setzt das Land auf Gold, Tropenholz und Öl. Abhängig von schwankenden Preisen und mangels eines tragfähigen Konzepts ist die Wirtschaftslage jedoch instabil. Die hohe Staatsverschuldung macht das früher recht gut ausgebaute Sozialsystem kaum noch finanzierbar. Etwa 70 Prozent der Menschen leben in Armut. Darunter leidet auch das gesellschaftliche Gefüge, vor allem Frauen und Kinder sind benachteiligt. Dabei geht es hauptsächlich um die Gleichstellung der Geschlechter, um Müttersterblichkeit, Teenagerschwangerschaften, mangelnde Bildungs- und Berufschancen, häusliche Gewalt und sexuellen Missbrauch. Aspekte, die auch vielerorts beim Weltgebetstag thematisiert werden. fdj

 

 

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