Die Musik und das liebe Geld

Die Finanzierung von kirchenmusikalischen Angeboten ist eine Herausforderung – Folge 1: Ideen gefragt

Nur dank der Mitfinanzierung des Fördervereins vor Ort möglich: Weihnachtskonzert in der Martin-Luther-Kirche St. Ingbert. Foto: pv

„Gott soll’n wir billig loben“ beginnt die fünfte Strophe von Lied 243 im Evangelischen Gesangbuch. Heute ist das altertümliche „billig“ durch ein unzweideutiges „fröhlich“ ersetzt. Gleichwohl: Die Gemeinde der Kirchenmusiker hat die überkommene Form längst mit durchaus sarkastischem Unterton zur stillen Hymne der Zunft erhoben: zum Stoßseufzer zwischen Verkündigungsanspruch auf künstlerischem Niveau und knappem Budget. Anders formuliert: Kirchenmusik ist schön, und noch schöner, wenn’s nix kostet.

Zwischen 15000 und 25000 Euro verschlingt eine Oratorienaufführung: Orchester, Solisten, eventuell Logiskosten, Plakate. Ein Kantatengottesdienst schlägt rasch mit 2500 Euro zu Buche. Durch Eintrittsgelder und Ausgangskollekten ist das nicht zu decken. Dann klafft bei Konzerten schnell eine Lücke im oberen vierstelligen Bereich. Die Jahresetats der Gemeinden für Kirchenmusik bewegen sich je nach Größe zwischen 2000 und 5000 Euro, was das Dilemma offenkundig macht. Vor allem, weil aus diesem Topf oft noch Orgel- und Vertretungsdienste bezahlt werden; oder – wie im Fall der Landauer Stiftskirchengemeinde – die Kinderchorleiterin.

Kapitalbeschaffung tut also not, die prosaische Seite dessen, was der spirituell emotionalen Kraft wegen kaum jemand missen will im Leben der Kirchengemeinden. Zumal die musikalischen Aktivitäten von Kirchen- und Posaunenchor über Flötenkreise, Orchester, Kinderchöre und Organisten bis zu Popularmusikensembles die mit Abstand größte Gruppe kirchlicher Ehrenamtler – und damit kulturelle Bindeglieder zwischen Kirche und Gesellschaft – rekrutieren. Knapp 13000 Menschen sind dies landeskirchenweit. Rupertus Woehl, ehrenamtlicher Finanzverwalter im Landesverband und Mitglied im Vergabegremium für Zuschüsse aus Mitteln der Landeskirche und der Glücksspirale, ist ein Adressat, wenn es um Ausgleich von Defiziten geht. „Aber unsere Hilfe muss breit aufgestellt sein, bewegt sich somit im Einzelfall eher im dreistelligen Bereich.“

Ideen vor Ort also sind gefragt. 1976 gründete sich der „Förderverein an der Martin-Luther-Kirche und Christuskirche St. Ingbert“, wohl der älteste seiner Art in der Landeskirche, sagt Sprecher Christoph Jakobi. Mittlerweile hat der Verein unzählige Geschwister bekommen, alle mit gleicher Zielsetzung: Mittelbeschaffung und gute Öffentlichkeitsarbeit. Dabei reichen die Wohltaten von Zuschüssen zu Konzerten über Kinderchorfreizeiten, Organistenhonorare, Instrumenten- und Notenkauf bis zu Konzertreisen. Der Förderverein Bläserarbeit in der Pfalz etwa pumpt Geld in die Jugendarbeit, fördert den Leiternachwuchs wie den Jugendposaunenchor, sagt Vorsitzender Traugott Baur.

Zwischen 3000 und 8000 Euro pro Jahr werden von Fördervereinen auf den Weg gebracht, ergaben erste Stichproben im Gebiet der Landeskirche. Die Mitgliederzahl reicht von 50 bis 160, die Jahresbeiträge als Basis der Förderung bewegen sich von 15 Euro im ländlichen Umfeld bis zu 60 Euro in Städten.

Wie zusätzliches Geld erwirtschaftet wird, ist ebenfalls stark unterschiedlich und zeugt vielfach von Kreativität. Gute Erfahrungen mit Inseraten in den Programmheften der vier bis sechs Konzerte pro Jahr hat man in St. Ingbert gemacht, auch ein festes Abonnement für Dauerbesucher bindet dort das Publikum. Der Figuralchor Neustadt bewirtschaftet zwei Wochenenden pro Sommer mit zwölf bis 15 Ehrenamtlichen eine Pfälzerwaldhütte. Auf Basis von Mindestlohn gibt es bis zu 1800 Euro Reinerlös pro Wochenende. Eine Brotbackaktion mit einem sponsernden Großbetrieb peppt den Orgelfonds der Neustadter Stiftskirche permanent auf: Das Stiftskirchenbrot, allsamstäglich feilgeboten, geht weg wie die berühmten warmen Semmeln. Und Matthias Koderisch, im Vorstand gleich zweier Förderkreise in Kaiserslautern – der Stiftskirche und der Versöhnungskirche – nennt Sekt- und Kuchenverkauf, aber auch zweckgebundene Nachlässe Verstorbener als Quelle für die Vereinskassen. Gertie Pohlit

Leseraufruf

Welche Ideen, aber auch Probleme bei der Förderung der Kirchenmusik kennen Sie aus Ihrer Gemeinde? Schreiben Sie uns bis Mittwoch, 7. Februar, per Post an Evangelischer Kirchenbote, Beethovenstraße 4, 67346 Speyer oder per E-Mail an redaktion(at)nospamevpfalz.de. Wir werden in einer der nächsten Ausgaben weiter über das Thema berichten. flor

Identifikation mit dem Projekt als entscheidender Punkt

Andreas Rummel erklärt Elemente erfolgreichen Fundraisings – Transparenz der Aktion und direkte Ansprache potenzieller Spender wichtig

Fundraising: Das ist der magische Begriff zur Realisierung vordergründig unbezahlbarer Projekte. Einer, der weiß, wie es geht, ist Pfarrer Andreas Rummel, persönlicher Referent des Kirchenpräsidenten in Speyer, aber ungebrochen fest verankert in seinen ehemaligen westpfälzischen Gemeinden Mies­au und Gries, heute betreut von seiner Frau, Pfarrerin Ute Stoll-Rummel.

„Handwerk, zunächst ist es einfach gutes Handwerk“, konstatiert Rummel lakonisch, der auch als Fundraising-Beauftragter für seinen Kirchenbezirk weitergibt, was er in Schulungen erlernt und mittlerweile mehrfach mit überwältigendem Erfolg im eigenen Sprengel initiiert hat.

Für die Gründung eines Fördervereins „Kirchenorgel Gries“ fanden sich unmittelbar nach Amtsantritt des passionierten Kirchenmusikliebhabers engagierte Mitstreiter. Schon vier Jahre nach der 1997 erfolgten Gründung war die „scheußliche Elektronenorgel“ Geschichte, zierte eine gebrauchte, durch die Freiburger Firma Franz prächtig hergerichtete Pfeifenorgel die Empore. 80000 Euro hatte der Förderverein zusammengetragen. In der Miesauer Kirche wiederum, die seit 1951 eine wenig befriedigende Oberlinger-Orgel mit elektrischer Traktur beherbergte, konnte man sich 2008 – nach nur zweijähriger Fundraisingaktion – über die geglückte Rekonstruktion der im Kern noch vorhandenen, ursprünglich spätromantischen Stumm-Orgel freuen. Historische Windladen und 90 Prozent des Pfeifenmaterials fanden Wiederverwendung. Mit leicht erweiterter Registerzahl, mechanischer Traktur und historischem Prospekt erklingt das zweimanualige Instrument seither in ursprünglicher Schönheit. Vom Baumeister Richard Franz liebevoll rekonstruiert und komplett aus Spenden finanziert: 113000 Euro Fundraisingertrag.

Das „Handwerk“ beginnt beim Schreiben von Spendenbriefen, Erstellen von Infobroschüren, Überweisungsträgern und Weiterem sowie direkter Ansprache von Menschen, die man einbinden möchte in ein Projekt. „Die Schwellen zum Spenden müssen niedrig gehalten, das Vorhaben transparent vorgestellt, mit festen Terminvorgaben und permanenter Information über den Fortgang ausgestattet werden.“

Ein Projektlogo erzeuge Verbindlichkeit, ein straffer Zeitplan signalisiere dem Spender, dass es dank „seiner Unterstützung“ vorwärtsgeht. „Identifikation mit der Aktion herzustellen, ist das A und O.“ Großspender binde man in die Öffentlichkeitsarbeit ein, Dankbarkeit müsse konkret und prompt übermittelt werden, sagt der Fundraisingexperte. Aktuell engagiert sich der Förderverein – kein bisschen müde – bei Honoraren für Organistenausbildung und Organistendienste. gpo

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