Internationalen Reformatorinnen eine Stimme gegeben

Fünf Pfarrerinnen aus Kaiserslautern führen Theaterstück „Frauensynode oder was auch immer – die Reformation nach Martin Luther“ auf

Führen ihr selbst geschriebenes Theaterstück auf (von links): Silke Schwarzstein, Dorothee Wüst, Martina Abel, Katharina Westrich und Nicole Pusch. Foto: view

Kaiserslautern. Ein Theaterstück, in dem es um die Reformation geht, ist im Jubiläumsjahr 2017 keine Seltenheit. Dass Martin Luther darin keine Rolle spielt, dagegen schon. Stattdessen stehen fünf Frauen im Zentrum, die in Europa auf ganz unterschiedliche Weise reformatorisch gedacht und gewirkt haben. Unter dem Titel „Frauensynode oder was auch immer – die Reformation nach Martin Luther“ und in Gestalt von Kaiserslauterer Pfarrerinnen melden sie sich zu Wort. Es ist ein Reformationstheater des Frauenfeierabends im protestantischen Dekanat, das im September auf die Bühne kommt.

Luther ist tot. Seine Frau Katharina von Bora überlegt sich, wie es weitergeht. Theologisch bewandert und geübt, ein offenes Haus zu führen, beschließt sie, die Tradition der Tischreden fortzusetzen und lädt zu einer illustren, komplett weiblichen Runde ein. Was historisch undenkbar gewesen wäre, macht die Fiktion möglich: Mit Katharina von Bora, Argula von Grumbach, Birgitte Goye, Marguerite de Navarre und Lady Jane Grey treffen Frauen unterschiedlicher Herkunft und Nationalität aufeinander. Starke Persönlichkeiten, denen das Theaterstück Gehör verschafft.

„Es ist unser Beitrag zum Reformationsjubiläum aus weiblicher Sicht. Wir möchten Frauen in den Blick nehmen, die auf ihre ganz eigene Art und Weise am reformatorischen Prozess mitgewirkt haben und gleichzeitig die europäische Dimension der Reformation aufzeigen“, erklärt die Kaiserslauterer Dekanin Dorothee Wüst. „Das Stück haben wir selbst geschrieben. Jede von uns hat sich eine Frauengestalt ausgesucht und sich mit ihr und ihrer Geschichte auseinandergesetzt.“ Wüst schlüpft in die Rolle der Dänin Birgitte Goye. Eine Anhängerin der neuen Lehre, die mit ihrem Mann eine kühne Idee in die Tat umsetzte, indem sie eine Schule für Söhne des Adels und gehobenen Bürgertums gründeten und die Pädagogik Melanchthons einführten.

„Wie innerhalb von Deutschland hat die Reformation auch in den europäischen Ländern einen unterschiedlichen Verlauf genommen. Uns ist es wichtig, das jeweilige Reformationsprofil herauszuarbeiten“, sagt Pfarrerin Martina Abel von der Lutherkirchengemeinde. Ihre Wahl fiel auf die englische Kurzzeitkönigin Lady Jane Grey, die schon als Mädchen mit dem Schweizer Reformator Heinrich Bullinger Kontakt pflegte. „Die Protagonistinnen des Stücks machen sich Gedanken, wie sich die Reformation befeuern und stabilisieren lässt.“ So wie Argula Grumbach – gespielt von Nicole Pusch, Pfarrerin der Versöhnungskirchengemeinde – die sich als erste weibliche Publizistin von Flugschriften hervortat und sich couragiert mit Professoren der Ingolstädter Universität anlegte. Pfarrerin Silke Schwarzstein von der Christuskirchengemeinde lässt Marguerite de Navarre lebendig werden. Die Königin von Navarra, Mäzenin von Künstlern und Gelehrten, war hochgebildet und machte aus ihrer Sympathie für Luther keinen Hehl. Verbunden werden die Geschichten dieser Frauen durch die Einladung von Katharina von Bora, dargestellt von Fast-Namensvetterin Pfarrerin Katherina Westrich, ebenfalls Seelsorgerin in der Christuskirchengemeinde.

Im Haus der Lutherwitwe treffen die historischen Frauengestalten aufeinander, lernen sich kennen und reden über das, was ihnen am Herzen liegt: die Reformation in Taten und politischer Diskussion zu befeuern. „Und dafür zu kämpfen, dass Frauen stärker wahrgenommen werden“, sagt Silke Schwarzstein. Ihre Kollegin Katherina Westrich ergänzt: „Sie haben es geschafft, den damaligen Rahmen ein Stück weit zu sprengen und eine Art Mini-Emanzipation zu bewirken.“

Die Dialoge und Monologe basieren auf geschichtlichen und biografischen Daten, „aber es fließt auch Persönliches ein“, sagt Pfarrerin Pusch. Gerade bei Birgitte Goye habe sie ein Stück weit spekulieren müssen“, meint Dorothee Wüst. „Obwohl sie in Dänemark eine große Nummer war und auf dem Bildungssektor viel bewirkt hat, gibt es zu ihrer Person weit weniger Informationen als zu den anderen Frauen. Aber es war interessant, sich mit ihr zu befassen, auch weil der Blick üblicherweise mehr auf der englischen und französischen Reformation liegt als auf der skandinavischen.“

Neun Monate intensiver Beschäftigung mit den Frauen der Reformation liegen jetzt hinter der Dekanin und ihren Kolleginnen. Ihr Stück führen sie am Dienstag, 26. September, um 19 Uhr in der Kleinen Kirche Kaiserslautern, Unionstraße 1, auf. Der Eintritt ist frei, Spenden sind aber willkommen. fdj

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