Der streitbare Landauer Luther

Johannes Bader steht im Mittelpunkt eines Stationen-Theaters der Herxheimer Bühne Chawwerusch

Bewegte Zeit: Darsteller proben für das Stück des Herxheimer Theaters „Chawwerusch“ über Reformator Johannes Bader. Foto: pv

Landau. Die Landauer Stiftkirche bebt. Vom Donnerwort des Bischofs, über die Brüstung der Empore hinabgeschleudert zum Volk. Die Orgel kommentiert furios, klanggewaltig, während unten im Schiff, nein, auf dem Marktplatz, Menschen, unbeeindruckt vom klerikalen Ordnungsruf, emphatisch Texte aus den Seligpreisungen rezitieren. Aufbruch künden. Dann betritt Johannes Bader die Szene. Und für einen Moment wird es ganz still. An dieser Stelle unterbricht Spielleiter Ben Hergl das Probespiel, ändert kurz ein paar Gänge, ermahnt, zupackender zu agieren, hie und da lauter zu sprechen, kurz: erteilt Regieanweisungen.

Am 21. September, 19 Uhr, ist Premiere beim Stationentheater „Der Kleine Luther“, das in Regie des Chawwerusch-Theaters Herxheim als Kooperationsprojekt mit dem Kirchenbezirk und der Stadt Landau den wohl gewichtigsten Beitrag im Kulturprogramm der Südpfalzmetropole rund ums Reformationsjubiläum darstellt. Im Mittelpunkt des Spektakels steht der „Landauer Luther“ Johannes Bader, Zeitgenosse des großen Reformators, und wie dieser ein entschiedener Streiter wider Ablasshandel, Fegefeuer und Heiligenkult.

Nach Ende des Bühnenspiels wird es übrigens ein dauerhaftes Mahnmal für den Landauer Luther geben: Just am 31. Oktober wird die Stadt Landau das kleine Karree zwischen Stiftskirche, Gemeindehaus und Dienstgebäuden in Johannes-Bader-Platz umwidmen.

Rund 100 Laiendarsteller lassen diese Lebens- und damit auch die Zeitgeschichte lebendig werden. Das Publikum wechselt gemeinsam mit den Akteuren die Schauplätze – Gemeindesaal, Garten des Gemeindehauses, Vorplatz und zweimal Stiftskirche. Für jede der fünf Stationen, in denen Baders Eintreffen in Landau, sein Wirken als Stadtpfarrer, seine zuweilen von Zweifeln erschütterte Standhaftigkeit, die gesellschaftlichen Verwerfungen der Zeit und die Wirren des Bauernkriegs dramatisiert werden, zeichnet ein professioneller Spielleiter, eine Spielleiterin, aus deren Federn auch die jeweiligen Texte stammen, verantwortlich. Hochdeutsch, kraftvoll pfälzisch und zuweilen durchaus derb ist die Sprache – halt dem Volk aufs Maul geschaut.

Denn die „kleinen Leute“ samt der Ratsherren haben diesen Bader als ordinierten Stiftskirchenpfarrer eisern verteidigt und manchem Übergriff der katholischen Obrigkeit gewehrt, auch als er – Luther gleich – das Zölibat ignoriert, heiratet und eine Familie gründet. Im Spiegelbild dieser regionalen Biografie öffnet sich das Sittenbild einer geschichtlichen Epoche, in der die Weltordnung auf dem Kopf zu stehen scheint. Ein kleiner Landauer Stadtpfarrer hat damals Stellung bezogen und steht damit Seit’ an Seit’ mit dem großen Reformator Luther.

Das fünfte Stationenbild schließlich weist visionär über Baders Epoche hinaus. Es rückt die mutigen Frauen der Reformationszeit in den Fokus. Von ihren neu errichteten Denkmalsockeln im Altarraum der Stiftskirche melden sie sich zu Wort – gläubig, mutig, wortwitzig und streitbar. Die oft vergessenen weiblichen Kämpferinnen der Reformation wagen einen Blick in die Zukunft – auf einen allerdings bis heute unverändert fernen paradiesischen Zustand.

Neben der Hundertschaft an Akteuren und den Stationen-Regisseuren Felix S. Felix, Ben Hergl, Monika Kleebauer, Thomas Kölsch und Stephan Wriecz ist ein Aufgebot von rund 60 Kostüm- und Maskenbildnern, Kulissen- und Bühnenbauern, Technikern sowie Öffentlichkeitsarbeitern am Werk. Auch der Chor „Landauer Liederleute“ ist mit von der Partie. Das Kostenaufkommen bewegt sich im sechsstelligen Bereich und wird finanziert über die Stadt Landau, verschiedene hochrangige Sponsoren, den Kultursommer Rheinland-Pfalz sowie die Eintrittsgelder.

Insgesamt 36 knapp zweistündige Aufführungen wird es bis Dienstag, 3. Oktober, geben. Nach jeder Aufführung lädt die Stiftskirchengemeinde zu einem kleinen Imbiss in die Räume des ehemaligen Kellertreffs „Kreuz & Quer“ ein. Gertie Pohlit

Büro für Tourismus Landau, Ticket-Hotline 0 63 41 / 13 41 41 und unter www.ticket-regional.de; Karten für 18, ermäßigt 14 Euro; Aufführungstermine unter www.stiftskirche-landau.de und www.chawwerusch.de.

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