Aus Liebe zur Demokratie aufs Schloss marschiert

Evangelische und katholische Jugendliche bekennen sich in ökumenischer Kooperation zu Meinungsfreiheit und gesellschaftlicher Vielfalt

Rund 80 Jugendliche waren unterwegs für die Demokratie zum Hambacher Schloss. Foto: LM

Farbe bekennen: Die Jugendlichen verabschiedeten auf dem Hambacher Schloss eine zehn Punkte umfassende Resolution. Foto: LM

„Hinauf, Patrioten, zum Schloss!“ lautete vor 185 Jahren die kämpferische Parole beim legendären Zug der Freiheitskämpfer aufs Hambacher Schloss. Nicht annähernd so pathetisch, aber ganz im Sinne der frühen Streiter für Demokratie und Meinungsfreiheit machten sich am vergangenen Sonntag unter strahlendem Sommerhimmel rund 80 Jugendliche auf den zehn Kilometer langen Aufstieg zur „Wiege der Demokratie“. Eingeladen dazu hatten in ökumenischer Kooperation das Landesjugendpfarramt Kaiserslautern und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) der Diözese Speyer. Anne Spiegel, Ministerin für Kinder und Jugend, hatte die Schirmherrschaft über die Aktion „Unterwegs für Demokratie“.

„Schnür’ deine Schuhe, pack was zum Essen in deinen Rucksack, nimm ein paar Leute mit, mach dich mit auf den Weg und setze ein Zeichen für Freiheit, Frieden und eine starke Demokratie.“ So hatte die Aufforderung zur Teilnahme gelautet. Vom Treffpunkt Hauptbahnhof Neustadt führte der Weg zunächst zur Zwischenstation „Hohe Loog“, von da zum Hambacher Schloss, jeweils unterbrochen durch kurze Rastpunkte, die die beiden Leiter, Landesjugendpfarrer Florian Geith und BDKJ-Diözesanpräses Carsten Leinhäuser, nutzten, um mit „Impulsen“ die Gesprächskultur unter den Jugendlichen zu befeuern; mit historischen Texten zu Stichworten wie Demokratie, Vielfalt, Meinungsfreiheit und Meilensteine der Demokratie. Willi Brandt beispielsweise wurde da zitiert mit seiner berühmten Rede „Mehr Demokratie wagen“ vor dem Deutschen Bundestag oder auch Hildegard Hamm-Brücher und Norbert Lammert.

Zugesellt hatten sich den Teilnehmern der beiden Jugendpfarrämter 16 Mitglieder des Landesjugendchors des Saarlands; dies sei auf private Initiative zustande gekommen, war zu hören, und bereicherte die Aktion von Station zu Station musikalisch, wie am Rastplatz „Hohe Loog“ mit Hoffmann von Fallerlebens berühmtem Bekenntnislied „Die Gedanken sind frei“.

Vom Hohe-Loog-Haus führte der Weg direkt zum Hambacher Schloss. Und dort wurde, nach einem kurzen Grußwort der Schirmherrin, Ministerin Anne Spiegel, die zehn Punkte umfassende Schlussresolution verlesen. Sie beginnt mit dem Bekenntnis: „Wir lieben unsere Demokratie, weil sie die Würde des Menschen sowie Menschen- und Kinderrechte garantiert.“ Weiter wurden unter anderem freie Meinungsäußerung, plurale Gesellschaft, Verantwortung, Gerechtigkeit, konfessionelles Miteinander und Frieden thematisiert. Vor dem gemeinsamen Rückweg stärkte sich die Teilnehmerschar leiblich wie spirituell bei Picknick unter freiem Himmel, Gebet und Teilen von Brot und Wein.

Was motivierte junge Menschen, sich der Aktion anzuschließen? Johanna, 21 Jahre, aus St. Wendel, findet, dass ein Bekenntnis zur Demokratie und ihren Grundwerten in diesen Zeiten nottut. Aber auch das gemeinsame Wandern, die Möglichkeit, sich mit Gleichaltrigen auszutauschen, schätzte sie an dem Event. „Die Werte der Demokratie – gegen Rassismus und Ausgrenzung, gegen die Beschneidung der Meinungsfreiheit – müssen deutlich nach außen vertreten werden“, findet die 18-jährige Mira aus Kirkel.

Norman, 23-jährig aus Diedesfeld, hält die Demokratie für ein besonderes Geschenk, das wertgeschätzt und unbedingt gegen Übergriffe verteidigt werden solle. „Aber mit friedlichen Mitteln, Aufklärung und klarem Bekenntnis zu den Werten.“ Ähnlich äußert sich auch der 23-jährige Benedikt aus dem Neustadter Ortsteil Haardt. „Der Marsch zum Schloss ist ein Signal dafür, dass die Jugend in Deutschland nicht desinteressiert ist, sondern Farbe bekennt. Bereit ist, einzutreten für Errungenschaften unserer demokratischen Gesellschaft.“ Gerade weil Demokratie stets angreifbar und zuweilen schutzlos sei, dürfe die nachwachsende Generation nicht erlahmen, sie zu verteidigen und dafür einzutreten, globale Probleme friedlich zu lösen. Gertie Pohlit

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