Anleitung zum Glücklichsein

Hinter dem Sacro-Pop-Ensemble „Ääfach annerschd“ aus Schönau steht eine bewegende Geschichte

Machen mit Cajon, Flöten und Gitarre unter anderem Irish Folk (von links): Peter Zwally, Gudrun und Hansi Pos. Foto: pv

Diese Geschichte muss anders erzählt werden. „Ääfach annerschd“ halt. Womit der zunächst schräg anmutende Name des Ensembles aus dem südwestpfälzischen Schönau ins Spiel gebracht ist. Seit 18 Jahren machen Gudrun und Hansi Pos mit Gesang, Flöten und Gitarre unter dem flapsigen Motto mit Pfälzer Zungenschlag Musik. Dritter im Bunde ist Keyboarder, Sänger und Drummer Peter Zwally. Der ist in der Südpfalz zu Hause, dockt an zum Probieren und Konzertieren, wann immer es geht. „Ein Dream-Team sind wir“, sagt Pos, „die Chemie stimmt einfach.“

Bevor es zur Gratisvorstellung in die protestantische Kirche geht, wird der Gast ins sich auf Augenhöhe zum Kirchenbau in den Hang kuschelnde häusliche Domizil gebeten; bekommt in der geräumigen Wohnküche am langen Holztisch unverzüglich Kaffee und Geschichten kredenzt. Beides vom Feinsten. Die Atmosphäre ist herzlich, unangestrengt, der temperamentvolle Erzählfluss von Hansi Pos hat alle Fragen bereits beantwortet, bevor man sie überhaupt gestellt hat.

Eine Lebensgeschichte kommt da auf den Tisch, fast wie aus einem Rosamunde-Pilcher-Melodram. Aber sie ist echt, herzerwärmend und authentisch. „Bei uns is halt ääfach alles annerschd“ – den Satz baut Hansi kehrreimartig zwischen die Schilderungen seines bewegten Lebens, das 1954 begann. Die Eltern, österreichischer Provenienz, kamen nach dem Krieg mit unzähligen vertriebenen Donauschwaben in die Pfalz. Ausgebildet zum Bio-Landschaftsgärtner war Pos sowohl in der städtischen Landschaftspflege und als Lehrer an der Berufsbildenden Schule tätig, heiratete, und bald gab’s dreimal freudig begrüßten Nachwuchs.

Dann prasselten die Schicksalsschläge wie Hagelkörner. Eine erblich bedingte schwere Bandscheibenerkrankung führte zur Berufsunfähigkeit. „Zeitweise saß ich im Rollstuhl“, sagt Pos. Kurz darauf erlag seine Ehefrau einem Krebsleiden. Pos stand allein da mit drei kleinen Kindern. Arbeitslos und bald ohne Bleibe. Denn der Kredit fürs Haus konnte nicht mehr bedient werden. Mehrere Operationen brachten nicht wirklich Heilung. In dieser Situation „schickte mir Gott einen Engel“, umschreibt es Pos mit liebevollem Blick auf Gudrun.

Die damals 22-Jährige hatte ihre erste Stelle als Physiotherapeutin angetreten. Aus einem nur beruflichen Kontakt und sich allmählich vertiefenden Gesprächen wurde schließlich Liebe. Der Altersunterschied, Pos war damals 44, sei niemals Thema, „wenn zwei verwandte Seelen einander begegnen“ – finden beide übereinstimmend.

Eine Divergenz gab es allerdings: Gudrun Pos hatte von klein auf Klavier- und Flötenunterricht und beherrschte ihre Block- und Traversflöten zwischen Barock und Bebop brillant. Pos wiederum, der noch nie ein Instrument angerührt hatte, ließ sich begeistern. Fing regelrecht Feuer. In einem Zweibrücker Musikgeschäft erstand er eine preiswerte Gitarre und legte los. Sie sah’s mit Staunen – ihr Lebensgefährte war ein begnadetes Naturtalent, ein hochbegabter Autodidakt, der sich mit Lerneifer, musikalischem Gespür und emotionaler Fantasie im Hochgeschwindigkeitstakt in ihre Liga spielte.

Ein Jahr nach Start des Experiments hatte das Duo seinen ersten Auftritt in Homburg. „Mit vier Songs hat es angefangen, heute haben wir volle fünf Stunden Programm“, sagt Hansi Pos stolz. Aber dazwischen liegen 18 Jahre, und die begannen mit einem spektakulären Ausstieg. Gudrun Pos, inzwischen stolze Mama, hängte ihren Beruf an den Nagel und ging mit Mann und allen Kindern – später waren es insgesamt sechs – auf Tour. „Sieben Jahre haben wir in Südfrankreich im Wohnwagen und von der Straßenmusik gelebt.“ Nichts zum Reichwerden, aber durchaus zum Glücklichsein.

Und wirklich: Der Eindruck von Zufriedenheit und Glück vermittelt sich dem Betrachter uneingeschränkt. Den sechs Kindern, heute zwischen 33 und zehn Jahren alt, haben sich Schwiegertöchter und drei Enkel zugesellt; Ziege, Katze und diverses Federvieh komplettieren den Hausstand. Mit dem Erwerb des Schönauer Häuschens ist die Familie vor gut zehn Jahren sesshaft geworden, arbeitete Pos bis zu seiner Frühverrentung wieder in seinem erlernten Beruf. Und man verfeinerte das „Ääfach annerschd“-Ensemble, etablierte es zur festen Größe im kirchenmusikalischen Umfeld des neuen Hauses.

Bald stieß Peter Zwally – von Beruf Pfleger mit Schwerpunkt Demenzbetreuung – dazu, professionalisierte auch das technische Equipment. Den Kontakt zu Pfarrerin Katja Beiner, damals Seelsorgerin in Schönau-Rumbach, werden beide nicht müde zu loben. So wurde der Sound von „Ääfach annerschd“ bald unverzichtbarer Teil des kirchlichen Lebens, beispielsweise beim „Langschläfer-Gottesdienst“ sonntags um 11 Uhr in Rumbach und bei Konzerten. „Die Spenden gehen jeweils hälftig an die Kirchengemeinde und an uns.“

Jetzt zückt Pos den Kirchenschlüssel – Showtime für den Gast. Irish Folksongs, gefühlvolle Coverversionen wie „Nights in white satin“, aber vor allem Lieder mit christlichen Texten und das eindringlich zelebrierte „The Rose“ lassen einen hinschmelzen. Das grooved und rockt, mal zart poetisch, mal temperamentvoll peppig in einem Mix aus sattem, grifftechnisch raffiniertem Gitarrensound und fetziger Percussion. Dazu zelebriert Gudrun Pos ihre Melodieballaden, jongliert virtuos mit ihren Flöten oder schickt ihre wohltönende Altstimme mal samtig, mal zupackend durchs Mikro. Werbung machen die Drei keine, werden auch so gerne zu Hochzeiten, Geburtstagen, auf verschiedene Feste oder zu Bandfestivals eingeladen. Sogar in der SWR-Fernsehsendung „Kaffee und Tee“ waren sie zu Gast. Heiß empfohlen – auch von dieser Stelle. Gertie Pohlit

Kontakt: Gudrun und Hansi Pos, mobil 0174/2873202, E-Mail: anouk1976(at)nospamweb.de.

Silberhochzeit einfach anders

Seit 19 Jahren sind Gudrun und Hansi Pos ein Paar. Ihre Silberhochzeit haben sie bereits vor sechseinhalb Jahren gefeiert. Ääh – Moment mal …

Hansi Pos schmunzelt. „Wir haben damals folgende Zwischenbilanz gezogen: Seit zwölfeinhalb Jahren sind wir eng verbunden, haben Stunde um Stunde, Tage und Nächte, quasi sieben mal 24 Stunden pro Woche gemeinsam und glücklich verbracht; weit mehr als manche Paare nach 25 Jahren vorweisen können. Das musste einfach gewürdigt werden.“ Pfarrerin Katja Beiner war rasch zu begeistern. So erneuerten Gudrun und Hansi Pos nach zwölfeinhalb Jahren ihr Eheversprechen vor der versammelten Schönauer Gemeinde und mit geistlichem Segen in einem bewegenden musikalischen Gottesdienst.

Dass Gastfreundschaft nichts mit dicker Geldbörse zu tun haben muss, haben die beiden danach fabelhaft demonstriert. Ein Zicklein haben sie geschlachtet. So gab es anschließend beim Italiener am Ort Spaghetti Bolognese „ala Capra“ und Eis – ein richtiges kleines Gemeindefest, dazu „Rhythm and Songs“ satt. gpo

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