Festivalgefühl in der Lutherstadt

280 Teilnehmer aus der Pfalz bei Konficamp in Wittenberg mit Livemusik, Aktionen und Workshops

Treffpunkt: Im großen Zelt stimmen sich alle Konfirmanden mit Musik, Filmen und Aktionen auf die Workshops ein. Foto: stm

Mit Plastikgeschirr, Schlafsäcken und Isomatten sind sie dem Reformator Martin Luther auf der Spur: Acht Stunden waren die 280 Pfälzer unterwegs bevor sie im Konficamp am nördlichen Stadtrand von Wittenberg angekommen sind. Darunter 215 Konfirmanden aus der ganzen Pfalz, die mit ihren Pfarrern und Ehrenamtlichen in die Lutherstadt gereist sind. Dort kampieren jeweils gut 1000 Jugendliche aus ganz Deutschland. Die Gruppe aus der Pfalz ist in vier von insgesamt 16 Zeltdörfern untergebracht. Organisiert wurde die Teilnahme am Konficamp vom Landesjugendpfarramt und der Konfirmandenarbeitsstelle der Landeskirche.

Im Gruppenzelt bekommen die Jugendlichen nach der Ankunft zunächst Plastikgeschirr in Stoffbeuteln ausgehändigt. Für sein Geschirr ist ab hier jeder selbst verantwortlich: Neben dem Essenzelt stehen dutzende Waschbecken, an denen die Jugendlichen Geschirr spülen und Zähne putzen. Auf dem Gelände gibt es außerdem noch ein Großzelt, in dem die gemeinsamen Veranstaltungen stattfinden, eine Taizé-Kirche, eine Teamer-Bar, Sportplätze, einen Selbstversorgergarten und viele Pavillons, die zum Entdecken und Spielen einladen.

In dem großen Zelt inmitten der Zeltdörfer treffen sich morgens und abends alle Jugendliche, um sich mit Live-Musik, Kurzfilmen und Aktionen auf das Thema einzulassen: „Trust and try“ – zu deutsch: „Vertraue und versuche“. Auf dem Programm stehen während der fünf Tage unter anderem etliche Workshops, die sich musikalisch, kreativ und spielerisch rund um das Thema Vertrauen drehen. Besondere Höhepunkte sind das Live-Rollenspiel, mit dem die Konfirmanden in die Zeit der Reformation versetzt werden, und der Ausflug nach Wittenberg zu den Originalschauplätzen der Reformation. Doch am meisten freuen sich die Konfirmanden auf die sportlichen Aktivitäten wie das Volleyballturnier im Camp.

Jan Meckler, Pfarrer in Albersweiler, ist mit 16 Jugendlichen und sechs Teamern aus seiner Gemeinde dabei. „Ziel dieses Konficamps ist es, den Glauben neu zu erleben, mit den Jugendlichen zusammen Themen der Reformation zu entdecken und vor allem Spaß an der christlichen Gemeinschaft zu haben“, erklärt der junge Pfarrer. Es sei auch ein Abenteuer, gemeinsam in den Zelten zu schlafen und zu wohnen. Darin sieht Jan Meckler eine gewisse Herausforderung für Konfirmanden und Betreuer.

Eine besondere Herausforderung ist jedoch, das Smartphone aufzuladen, denn Steckdosen gibt es in den Zelten nicht. Lediglich einige Fahrräder, die mit einem umgebauten Dynamo ausgestattet sind, können zum Aufladen genutzt werden. Die meisten behelfen sich jedoch mit einem mobilen Aufladegerät, das sie von zu Hause mitgebracht haben. Auch wenn das Smartphone für die Jugendlichen im Alltag eine große Rolle spielt, steht es für sie während dieser fünf Tage eher im Hintergrund. „Ich merke, dass das gemeinschaftliche Erlebnis für die meisten wichtiger ist als die permanente Erreichbarkeit per Smartphone“, berichtet Landesjugendpfarrer Florian Geith.

Nur besseres Wetter haben sich wohl alle gewünscht: Teils anhaltender Regen hat die Zeltfreizeit überschattet. Im Vorfeld haben sich einige Eltern deswegen Sorgen gemacht; doch die Organisatoren sind in dieser Hinsicht auf alles vorbereitet: Sanitätsdienst und Katastrophenschutz sind dauerhaft im Camp präsent. Außerdem wird das von einem Bauzaun umgebene Gelände rund um die Uhr von einem Sicherheitsdienst bewacht.

„Ich will hier vor allem viel Spaß haben und auch Gott näherkommen“, formuliert der 13-jährige Jannik aus Altrip sein Ziel bei der Zeltfreizeit. „Und natürlich auch anderen näherkommen, neue Leute kennenlernen“, fügt er hinzu. Das sei auch gelungen: Bei Workshops, beim Anstehen in der Essensschlange oder im Gruppenzelt habe er schon neue Freunde gefunden, so der 13-Jährige.

Noch bis zum 10. September werden rund 10 000 Jugendliche aus ganz Deutschland das Konfirmandencamp in der Lutherstadt besuchen. „Dieses Konficamp in Wittenberg ist zwar eine einmalige Sache – aber ich glaube, dass diese Form der Konfirmandenarbeit auch in der Pfalz Zukunft hat und den klassischen Konfi-Unterricht ablösen wird“, ist Landesjugendpfarrer Florian Geith überzeugt. Stefan Mendling

Geringe Resonanz auf Pfälzer Angebot bei Weltausstellung

20 Botschafter der Landeskirche gestalten in Wittenberg ein einmonatiges Programm im Überseecontainer – Mehr Besucher zum Abschluss

Die pfälzische Landeskirche zieht eine gemischte Bilanz ihres einmonatigen Engagements auf der Weltausstellung der Reformation anlässlich des 500. Reformationsjubiläums in Wittenberg. Deutlich weniger Besucher als erwartet seien zu den pfälzischen Aktionen gekommen, sagte der landeskirchliche Reformationsbeauftragte Wolfgang Schumacher dem KIRCHENBOTEN in Speyer. Unter dem Motto „Das Wort bewegt“ präsentierte sich die Landeskirche dort bis vergangenen Montag. Ausstellungsort war in Zusammenarbeit mit der anhaltinischen Partnerkirche ein Überseecontainer im Luthergarten gegenüber dem Altstadtbahnhof.

Für die rund 20 Botschafter der Landeskirche sei es bedauerlich, dass die Resonanz auf das Programm in der ersten Woche sehr mau gewesen sei, sagte Schumacher. In den vergangenen Tagen hätten jedoch etwas mehr Besucher – täglich rund 60 – ihren Weg zu der Freiluftveranstaltung rund um die Wittenberger Altstadt gefunden.

Die Rückmeldungen der Pfälzer Teilnehmer seien trotz aller Enttäuschung insgesamt positiv: Sie hätten den Besuch der Lutherstadt mit ihren historischen Orten der Reformation sowie die Weltausstellung als bereichernd empfunden. Bei den Frauen der Evangelischen Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft aus Kaiserslautern konnten SMS-Nachrichten im Lutherstil hergestellt werden. Auf handgeschöpftem Papier konnten Besucher mit Bleilettern eigene Kurzbotschaften drucken. Die „mann!schafft“, eine überkonfessionelle Männergruppe aus Herxheim bei Lan­dau, organisierte biblische Weinproben. Teilnehmer war unter anderem der prominente Wittenberger Theologe und frühere DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer. Für ein Wasserprojekt für die pfälzische Partnerkirche in Ghana sammelte die Männergruppe auch Spenden. Zudem konnten die Besucher eine „Luther-Rätselbox“ knacken.

Um mehr Besucher anzuziehen, hätte die evangelische Kirche die Weltausstellung im Vorfeld besser bewerben müssen, sagte Schumacher. Weniger mangelndes Interesse als das falsche Gefühl, „in Wittenberg ist zu viel los“, hätten auch manche Einzelbesucher und Besuchergruppen aus der Pfalz von der weiten Reise abgehalten, schätzt er.

Die pfälzische Reformationsbeauftragte Mechthild Werner habe zudem während der Pfälzer Wochen Morgenandachten auf dem Wittenberger Marktplatz gehalten und dort den Abendsegen gespendet, sagt Schumacher. Der Pfälzer Pfarrer und Buchautor Michael Landgraf aus Neustadt werde am 27. Juli um 19.30 Uhr im rheinland-pfälzischen Programm der Länderwochen in Wittenberg aus seinem ­Roman „Der Protestant“ lesen. all

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