Buch der Bücher wieder mehr ins Gespräch bringen

Pfälzischer Bibelverein mit Sitz in Neustadt wird 100 Jahre alt – Leicht verständliche Übersetzungen führen Leser zu Standardausgaben hin

Im Bibelmuseum die Faszination der Bibel erleben: Neben historischen Ausgaben gibt es auch pädagogisches Material. Foto: LM

Die Aufgabe des Vereins ist heute wohl dringlicher denn je. „Wir wollen die Bibel unter die Menschen und ins Gespräch bringen“, sagt Pfarrer Michael Landgraf, der Vorsitzende des Pfälzischen Bibelvereins. Im April vor 100 Jahren fanden sich engagierte Pfälzer Protestanten auf Initiative des Landauer Pfarrers Adolf Risch (1869 bis 1940) zusammen, um das Buch der Bücher in alle pfälzischen Haushalte zu tragen. Heute herrscht „Vollversorgung“, wie Landgraf meldet, der auch das Erlebnisbibelmuseum des Vereins mit Sitz in Neustadt leitet. Und doch: „Viele Menschen kennen heute die Bibel nicht“, beklagt der Theologe und Buchautor.

Anspruchsvoll ist die Aufgabe für die rund 500 Mitglieder des Pfälzischen Bibelvereins, dem neben Kirchengemeinden auch zahlreiche Einzelpersonen angehören: Das Bibelwissen nicht nur bei Kindern und Jugendlichen sinkt rapide. Und oft steht die Heilige Schrift der Christen ungelesen nur als Staubfänger im Bücherregal. Deshalb wolle der Verein zur Begegnung mit der Bibel einladen, „um mehr über Gott zu erfahren“, sagt Landgraf, der das Religionspädagogische Zentrum in Neustadt leitet.

Eine Entdeckungsreise in die Welt der Bibel bietet das Programm des Vereins, der gleichzeitig auch die Funktion einer pfälzischen Bibelgesellschaft wahrnimmt: Es gibt Wanderausstellungen, die Kirchengemeinden ausleihen können, sowie Vorträge zur Bibelforschung, der Bibelarchäologie und der Bibelübersetzung. Zudem gibt der Verein, der Mitglied der Deutschen Bibelgesellschaft ist, Publikationen heraus, etwa über die Geschichte der Bibel in der Region, oder Bibelausgaben in Mundart.

Vor allem im Bibelmuseum können Kinder- und Konfirmandengruppen, Schulklassen, Kirchengemeinden und alle Interessierte die Faszination der Bibel erleben. Dort führt eine „Lernstraße“ durch eine sehenswerte Ausstellung mit historischen Bibelausgaben. Außerdem steht reichlich bibelpädagogisches Material zur Verfügung. Kinder und Jugendliche können im Bibelmuseum dem Buch der Bücher ganzheitlich begegnen: Sie können in Kinderbibeln stöbern, Musik machen, spielen wie in biblischer Zeit oder am Computer recherchieren. Weitere wichtige Arbeitsfelder des Bibelvereins sind die Weltbibelhilfe und Projekte mit den Partnerkirchen der Evangelischen Kirche der Pfalz in Ghana, West-Papua, Korea und Bolivien. Mit den Einnahmen aus Spenden und dem Bücherverkauf wird die weltweite Verbreitung und Übersetzung der Bibel unterstützt.

Das bibelmissionarische Ziel, Gottes Wort allen Menschen zugänglich zu machen, geht übrigens zurück bis in die Anfänge der pfälzischen Bibelvereinsbewegung. Der in Neustadt-Mußbach geborene Konsistorialrat Isaak Rust rief im Jahr 1837 dazu auf, Ortsbibelvereine zu gründen – knapp 200 waren es in pfälzischen Gemeinden. Den Ortsvereinen ist es zu verdanken, dass jede Familie ein Exemplar des einst teuren „Lebensbuchs“ bekam.

Auf die durch E-Books, Smartphones und andere soziale Medien sich ändernden Lesegewohnheiten müsse sich der Bibelverein einstellen, sagt Landgraf. Im Irrgarten unterschiedlicher Bibelausgaben und -übersetzungen sei es für viele Menschen schwierig, die „für sie richtige Bibel" zu finden. Leicht verständliche Bibelübersetzungen könnten die Leser zu den Standardausgaben hinführen, die sich am Urtext orientieren. „Wir brauchen Brückenbibeln, um ein neues Lesen zu ermöglichen“, sagt Landgraf.

Sein 100-jähriges Bestehen feiert der Pfälzische Bibelverein am 21. April ab 13 Uhr mit einem „Tag der offenen Tür“ im Bibelmuseum Neustadt. Um 18 Uhr hält Vereinsvorsitzender Michael Landgraf einen Vortrag zu „100 Jahre Jahre Pfälzischer Bibelverein“. Am 15. Juni gibt es anlässlich der Vollversammlung der Deutschen Bibelgesellschaft, die in Neustadt abgehalten wird, einen Festakt in der Stiftskirche. An dem Festakt nehmen Kirchenpräsident Christian Schad und die Vertreter der deutschsprachigen Bibelgesellschaften teil. Alexander Lang

Meistgelesene Artikel