Ein Mahnmal gegen das Vergessen

Umstrittene Glocke aus der Zeit des Nationalsozialismus bleibt weiter im Herxheimer Kirchturm hängen

Will die stillgelegte Glocke an Ostern wieder läuten lassen: Ortsbürgermeister Welker in der Ratssitzung vor 100 Besuchern. Foto: Franck

Mit zehn Ja- und drei Nein-Stimmen hat der Ortsgemeinderat Herxheim am Berg beschlossen, dass die umstrittene Glocke in der evangelischen Kirche bleibt. Die 1934 gegossene Glocke mit der Inschrift „Alles fuer’s Vaterland – Adolf Hitler“ und einem Hakenkreuz soll auch wieder läuten. Geeigneter Zeitpunkt, um die im September 2017 stillgelegte Glocke erneut in Betrieb zu nehmen, könnten die Osterfeiertage sein, sagte Ortsbürgermeister Georg Welker. Der Ruhestandspfarrer will darüber mit dem Presbyterium sprechen.

Laut einem Gutachten der landeskirchlichen Glockensachverständigen Birgit Müller ist die Glocke sowohl ein zeitliches Dokument als auch ein Klangdokument und steht unter Denkmalschutz. Im öffentlichen Interesse bedürften auch unbequeme Denkmäler Schutz und Pflege, heißt es weiter. Zuallererst sei die Glocke, die der Ortsgemeinde gehört, ein Musikinstrument, das seit 84 Jahren zu dem Dorf gehöre und damit ein akustisches Denkmal sei. Die problematische Inschrift und Symbolik bewirke, dass die Glocke ein Mahnmal gegen das Vergessen sei.

Gesetzlich sei es weder erlaubt, die Glocke zu verkaufen noch einzuschmelzen, stellt das Gutachten fest. Einzige Alternative zum Verbleib der Glocke im Kirchturm sei eine Entsorgung in einem Museum. Die Glocke nur für Sonderausstellungen aus dem Depot eines Museumskellers hervorzuholen, sei jedoch eine Flucht vor einer angemessenen, aufgeklärten Erinnerungskultur.

Der Gemeinderat beschloss auch, dass an der Kirche eine Mahntafel angebracht wird. Außerdem werde die Gemeinde jedes Jahr zu Veranstaltungen einladen, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus sowie mit Themen wie Gewalt und Unrecht in Geschichte und Gegenwart befassen.

Seit Sommer 2017 erregt die Glocke in dem rund 800 Einwohner zählenden Herxheim die Gemüter und sorgt bundesweit für Aufsehen. Wegen relativierender Aussagen über die NS-Zeit musste der Vorgänger Welkers als Ortsbürgermeister zurücktreten. Im Laufe der Debatte hat sich sowohl der Zent­ral­rat der Juden in Deutschland als auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) für ein Abhängen der soge­nannten „Hitler-Glocke“ ausgesprochen. Auch die pfälzische Landeskirche befürwortet den Austausch von Glocken mit anstößigen Inschriften aus der Zeit des Nationalsozialismus. koc

Anmerkung der Redaktion:
Die Abstimmung über den Verbleib der Glocke wird am 12. März wegen eines Formfehlers wiederholt.

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