Mit Fantasie gegen drohende Staatskrise

von Klaus Koch

Klaus Koch

Einer der klügsten Sätze im Koalitions­gezerre stammt von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: „Wer sich in Wahlen um politische Verantwortung bewirbt, der darf sich nicht drücken, wenn er sie in den ­Händen hält“, sagte das Staatsoberhaupt. Gemeint war eindeutig die SPD, die doch ­ihre staatspolitische Verantwortung wahrnehmen und wieder in eine große Koalition eintreten solle. Die SPD-Oberen gehorchten ihrem ehemaligen Genossen und treiben so ihre Partei an den Rand der Spaltung.

Daraus ergibt sich die Frage, ob Stein­meiers Satz nur kurzfristig, nicht aber ­langfristig klug war. Natürlich entscheidet sich die Zukunft der SPD nicht daran, ob sie ­regiert oder opponiert. Sie muss sich grundlegend reformieren, um zu überleben. Aber bei einer erneuten großen Koalition ist nicht ausgeschlossen, dass in vier Jahren die Ränder noch stärker werden, die CDU unter 30 und die SPD unter 20 Prozent fällt. Dann sind unter Umständen weder ­„Jamaika“ noch „Groko“ rechnerisch möglich. Das wäre eine Staatskrise mit Ansage.

Doch Verantwortung für den Staat ließe sich mit etwas Fantasie auch anders definieren als durch Koalitionen. Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie. Die ­entscheidende Rolle spielen Bundestag und Bundesrat, nicht Parteivorstände. Ein CDU-geführtes Kabinett aus Experten für die Probleme Rente, Pflege, Gesundheit, Digitalisierung, Integration und Bildung sowie Außen- und Europapolitikern könnte den Parlamentariern ideologiefreie, sachorientierte Vorschläge machen. Die könnte das Parlament offen diskutieren und ohne Fraktionszwang entscheiden. Das wäre neu, würde Deutschland aber mit ein bisschen Glück parlamentarische Sternstunden bescheren.

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