Es gibt keine christliche Politik

von Klaus Koch

Klaus Koch

 

Es ist erst wenige Jahrzehnte her, dass die katholische Kirche politisch eindeutig Position bezog. Noch bei den Wahlen 1980 riefen die Bischöfe in Hirtenbriefen eindeutig dazu auf, die CDU/CSU des Kandidaten Franz-Josef Strauß und ja nicht die SPD von Bundeskanzler Helmut Schmidt zu wählen. Inzwischen sind die Kirchen bei Wahlempfehlungen zurückhaltend. Mit einer Ausnahme: Immer wieder ist von katholischen und protestantischen Geistlichen zu hören, dass ein Christ eigentlich nicht die AfD wählen dürfe.

Das klingt angesichts der oft menschenverachtenden Aussagen dieser Partei nachvollziehbar. Ist aber gefährlich. Denn in der Aussage schwingt die Behauptung mit, es gebe eine christliche Politik und als hätten die Kirchen klare Maßstäbe dafür, was in ­einer Demokratie eine richtige Wahlentscheidung ist. Doch von wenigen ethischen Fragen abgesehen, kann es in einer pluralistischen Gesellschaft eine solche Eindeutigkeit nicht geben. Deshalb können sich ­leitende Geistliche allgemein politisch ­äußern, aber den Anspruch erheben, dabei für ihre Kirche und ihre Mitglieder zu ­sprechen, können sie nicht.

Letztlich haben die Kirchen zwei Möglichkeiten politischen Handelns. Sie können zu einem gesellschaftlichen Klima beitragen, in dem behutsam und nachdenklich diskutiert wird. Und die Kirchen können ihre Botschaft in die Gesellschaft tragen, indem sie ganz praktisch den Armen, Schwachen, Kranken und Diskriminierten helfen. Denn in einer von Respekt und sozialer Gerechtigkeit geprägten Gesellschaft ist die Warnung vor der AfD nicht nötig. Eine solche Gesellschaft entzieht Parteien, die auf Hass, Angst, nationale Überheblichkeit und andere niedere ­Instinkte setzt, schlicht den Nährboden.

 

 

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