Mitsprache der Bistümer setzt Grenzen

von Martin Schuck

Martin Schuck

Mit Personalentscheidungen wird Politik gemacht. Diese Feststellung hat in den vergangenen vier Jahrzehnten auch in der katholischen Kirche gegolten. Legendär sind die Bemühungen von Papst Johannes Paul II. aus den 1980er Jahren, durch die Besetzung lateinamerikanischer Bischofsstühle mit konservativen Priestern der marxistisch orientierten Theologie der Befreiung die episkopale Unterstützung zu entziehen. Und auch in Deutschland setzte der polnische Papst 1989 noch vor dem Mauerfall den Berliner Bischof und DDR-Bürger Joachim Meißner gegen die Mehrheit des Domkapitels mittels einer Änderung der Wahlordnung als Erzbischof von Köln durch. Meißner war Garant für einen konservativen Kurs des finanzkräftigen Erzbistums und galt bis zum Rücktritt von Benedikt XVI. als wichtigster Berater des Papstes bei Bischofsernennungen in Deutschland.

Bei den bisherigen Bischofsernennungen durch Papst Franziskus lässt sich zumindest in Deutschland keine eindeutige politische Richtung erkennen. Beim Blick auf andere Kontinente und vor allem bei Kardinalsernennungen sehen jedoch seine konservativen Kritiker in ihm den großen Reformer am Werk, der die theologische Substanz der Kirche bedroht. So wird ihm vorgeworfen, durch die Ernennung des liberalen früheren Bischofs von Spokane im amerikanischen Bundesstaat Washington, Blase Cupich, zum Erzbischof von Chicago die nordamerikanische Bischofskonferenz gespalten zu haben. Auch wird kritisiert, dass er Bischöfe aus kleinen, für die Weltkirche unbedeutenden Ländern gegenüber den traditionellen Großbistümern bevorzugt. Für Aufsehen sorgte 2015 die Entscheidung, den eigentlich gesetzten Erzbischof von Philadelphia zu übergehen und stattdessen den Bischof der Kapverdischen Inseln zum Kardinal zu ernennen.

Ein Grund, warum es für den Papst nicht einfach ist, deutsche Bistümer mit Gefolgsleuten zu besetzen, liegt an den Mitwirkungsmöglichkeiten der Ortskirche, die durch drei Kirchenverträge mit Preußen, Baden und Bayern abgesichert sind und bis heute gelten. Nach dem Badischen und dem Preußischen Konkordat wird nach Beratungen mit dem Domkapitel und den deutschen Mitgliedern der Bischofskongregation vom Papst eine Liste mit drei Kandidaten erstellt, von denen das Domkapitel einen auswählt. Dieser wird dann vom Papst ernannt. Nach dem Bayrischen Konkordat wählt der Papst einen Kandidaten aus einer Dreierliste des Domkapitels aus. Von daher verwundert es kaum, dass mit Peter Kohlgraf in Mainz, Georg Bätzing in Limburg und Stephan Burger in Freiburg Persönlichkeiten ernannt wurden, die zuvor in der Region bekannt und geschätzt waren. In anderen Regionen, wo es keine Verträge gibt, hat der Papst in Absprache mit der Bischofskongregation freie Fahrt in der Personalpolitik. Franziskus scheint diese Möglichkeiten durchaus für seine Reformpolitik zu nutzen.

Meistgelesene Leitartikel & Kommentare