Vor Weihnachten dürfen Vikare Wunschzettel schreiben

Landeskirche will Bedürfnisse des Nachwuchses und pfarrerloser Gemeinden berücksichtigen – Vorgänger darf laut Dienstrecht nicht stören

Können sich ihre erste Pfarrstelle nicht aussuchen: Die neuen Pfälzer Vikare mit Personaldezernent Gottfried Müller (rechts). Foto: pv

Die Enttäuschung war groß in der Kirchengemeinde Ebernburg. Kurz bevor ein neuer Pfarrer kommen sollte, sagte dieser ab. Dabei hatte sich der junge Seelsorger bereits in der Gemeinde umgeschaut und sich den Nachbarn vorgestellt, berichten Gemeindemitglieder. Doch unmittelbar bevor der Vikar seine Ernennungsurkunde erhalten sollte, winkte er ab und trat eine Stelle in der Schweiz an (wir berichteten in KIRCHENBOTE 35, Seite 5).

Als einen Grund für seinen spontanen Beschluss, über die Alpen zu ziehen, nannte der 29-jährige Daniel Kiefer, dass er sich nach dem Vikariat seine Stelle habe aussuchen wollen. Und das könnten die Pfälzer Vikare in der Tat nicht, bestätigt der fürs theologische Personal zuständige Oberkirchenrat Gottfried Müller. Besetzungsrecht hat der Landeskirchenrat. Doch das bedeutet nicht, dass der theologische Nachwuchs nach Gutdünken in der Pfalz verteilt wird. Die zukünftigen Pfarrer dürfen zumindest Wünsche äußern.

Vor Weihnachten bitte der Landeskirchenrat die jungen Theologen um ihren Wunschzettel, sagt Müller. Darauf werde vermerkt, wohin der Vikar gerne ginge: Vorderpfalz, Westpfalz, Stadt oder Land, Gemeinde oder Funktionspfarrstelle und so weiter. Dann, so der Oberkirchenrat, versuche er, die Wünsche und Bedürfnisse der Vikare mit den Notwendigkeiten der Landeskirche unter einen Hut zu bringen. Diese Notwendigkeiten sind vor allem das Besetzen von länger vakanten Pfarrstellen. „Dann wird aus dem Besetzungsrecht des Landeskirchenrats auch irgendwann eine Besetzungspflicht“, sagt Müller.

Das bedeutet aber auch, dass nicht alle neuen „Pfarrer z. A.“ – zur Anstellung – dort landen, wo sie hinwollen. Doch ablehnen könnten sie nicht, sagt Müller. Ihre Probezeit in der ersten Gemeinde beträgt zwischen drei und vier Jahren. Dann folgt der nächste Meilenstein im Leben eines jungen Theologen. Sein Dekan kommt in die Gemeinde, besucht einen Gottesdienst und den Schulunterricht, spricht mit dem Presbyterium und dem Pfarrer – jeweils getrennt – über die Arbeit in der Gemeinde.

Danach schreibt der Dekan eine Empfehlung. Ist sie positiv, wird der Pfarrer auf Lebenszeit ernannt und erhält die Pfarrstelle, die er in den vergangenen drei bis vier Jahren bekleidet hat, verliehen. Ab diesem Moment hat er auch Bewerbungsrecht. Er kann sich also auf eine freie Pfarrstelle in der Evangelischen Kirche der Pfalz bewerben. Besonders groß ist die Auswahl dabei nicht. Von den derzeit 302 errichteten Pfarrstellen sind etwa 15 vakant, sollen aber bald besetzt werden. Angesichts der momentanen Nachwuchssituation ist Personaldezernent Müller sicher, dass bis 2020 die Versorgung mit Pfarrern in der Landeskirche gewährleistet werden kann.

So manche Gemeinde, die länger auf eine Stellenbesetzung warten muss, fragt sich, ob sie nicht attraktiv genug für einen Pfarrer ist. Doch gibt es wirklich attraktivere und weniger attraktive Stellen? Gottfried Müller glaubt das nicht. Vikare und Pfarrer hätten ganz unterschiedliche Ansprüche an eine Stelle. Das komme auf ihre Herkunft, ihre Familienverhältnisse und persönliche Vorlieben an. Eine Pfarrstelle, die dem einen nicht besonders begehrenswert erscheine, könne für einen anderen genau richtig sein.

Allerdings rankten sich um so manche Pfarrstelle auch Mythen, die meistens nicht der Realität entsprächen, sagt Müller. Auch hält sich in der Landeskirche hartnäckig die Vermutung, dass es für einen neuen Pfarrer wenig ersprießlich ist, wenn der lang­jähri­ge Vorgänger in unmittelbarer Nähe wohnt. Ganz früher, sagt Müller dazu, habe es eine Vorschrift gegeben, dass ein Pfarrer nach seiner Pensionierung wegziehen müsse. Doch inzwischen habe der Landeskirchenrat keinen Einfluss auf die Wahl des Wohnsitzes eines Ruhestandspfarrers. Allerdings gibt es den Paragrafen 20 des Pfarrerdienstgesetzes. In ihm steht: „Die Pfarrerin/Der Pfarrer hat alles zu vermeiden, was den Dienst der/des Nachfolgerin/Nachfolgers erschweren könnte.“ Klaus Koch

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