Ungebremste Einsatzfreude in über 50 Jahren

„Zeit für Kirche“: Liesel und Willi Rauch engagieren sich seit den1960er Jahren in der Hornbacher Kirchengemeinde – Start der neuen Serie

Ehrenamtliche bereiten "Zeit für Kirche" in Rockenhausen vor. Foto: Julia Hoffmann

Finden die meisten Blumen für den Hornbacher Kirchenschmuck in ihrem eigenen Garten: Liesel und Willi Rauch. Foto: Steinmetz

Kaum hat sich das Portal der Klosterkirche in Hornbach beim Eintreten geschlossen, ist Liesel Rauch zur Stelle. Behutsam übergibt sie ein laminiertes Infoblatt. „Falls Sie noch Fragen haben, stehe ich zur Verfügung.“ Seit 20 Jahren gibt es keinen festen Kirchendiener mehr, dafür immer mehr Touristen, die mehr über die Kirche erfahren möchten. Und wenn Liesel Rauch gerade vor Ort ist, schaut, ob der Blumenschmuck vom letzten Sonntag herzurichten ist oder sonst etwas zu ordnen, gibt sie Auskunft. So auch jetzt. Hornbach, vormals Zollgrenzbezirk am Übergang zu Frankreich, hat sich seit der Wende und dem Impuls durch das Tagungshotel im Klosterbezirk zu einem Hingucker entwickelt. „Früher ware mer’s ledschde Dorf, heit simmer’s erschte“, gibt Rauch eine Quintessenz ihres Ehemanns und langjährigen Mitstreiters im Ehrenamt, Willi Rauch, zum Besten.

Dass der protestantischen Kirchengemeinde ohne das Engagement des Ehepaars ein essenzieller Impuls gefehlt hätte, wird schnell klar; auch wenn beide abwiegeln und sich bescheiden hinter ihr Gemeindeteam zurücknehmen.

Ihre Geschichte beginnt in den 1960er Jahren, als Hornbach ein unbedeutender Flecken war, einen Steinwurf entfernt von Zweibrücken und Lichtjahre von der modernen Wirtschaftswunderwelt. Der Vater von Liesel Rauch, Ernst Christian, war Lehrer, Presbyter, Organist in Personalunion und prägte das aufgeweckte Mädchen.

Willi Rauch wiederum, Jahrgang 1948 und mittlerer von drei Söhnen eines Schneidermeisters und Kurzwarenhändlers, hätte eigentlich aufs Gymnasium wechseln sollen. „Aber damals waren die Busverbindungen nach Zweibrücken noch abenteuerlich, die Stadt erschreckte mich. Ich blieb auf der Volksschule“, erinnert sich Rauch. Danach haben kaufmännische Fachschule und Berufsakademie seinen Weg ins Berufsleben präpariert.

Frischer Wind wehte 1963 ins Gemeindeleben, als der Mediziner und engagierte Christ Günter Hatzendorf sich in Hornbach niederließ. Er mischte sich nach Feierabend in die Aufforstung des etwas trägen Kirchenalltags. „Er hat die Junge Gemeinde aufgebaut. Jugendgruppen, Mädchenkreis und Kirchenchor entstanden auf seine Initiative“, erinnert sich Liesel Rauch. „Und wir waren mit Begeisterung dabei.“

Die ersten Treffen fanden noch im Wohnzimmer Hatzendorfs statt. Als das zu klein wurde, richteten die Gemeindemitglieder einen kleinen Raum hinter der Sakristei ein und schließlich war klar: Ein Jugendheim musste her. Das wurde weitgehend in Eigenarbeit gebaut. „Und hat unser Gemeindeleben fantastisch stabilisiert“, schwärmt Willi Rauch. „Jeder packte an, das Gemeinschaftsgefühl war unbeschreiblich. Später, als das Engagement der Jugend gesellschaftsbedingt abflaute, ging der Spruch um: Man müsste alle zehn Jahre ein Jugendheim bauen können.“

Aber zurück zu den Anfängen. Die 20-jährige Liesel war von Beginn an mit im Leitungsteam der Jungen Gemeinde, organisierte Gruppenstunden, begleitete die Jugendfreizeiten der ab 16-Jährigen in den Spessart, das Salzkammergut oder Kleinwalsertal. „Keine leichte Aufgabe, aber es ist zum Glück nie etwas passiert.“ Außer bei einer Nachtwanderung, nur mit Kompass und Taschenlampe. Da hatten sich die Mädels grandios verlaufen, und die „Kavaliere“ mussten retten.

An eine Polen-Freizeit 1972 anlässlich der „Aktion Sühnezeichen“ erinnert sich Liesel Rauch besonders intensiv. „Es war wichtig für uns Nachgeborene. Auschwitz, Majdanek – wir haben gearbeitet und Kontakte der Verständigung geknüpft.“ Ebenso wie die über viele Jahre gepflegten und bis heute bestehenden Freundschaften zu Mitgliedern der ehemaligen Partner-Jugendgruppe im Umfeld von Ostberlin.

„Immer am 1. Mai sind wir zum Kurzbesuch gereist und haben unsere Partner am Nationalfeiertag der DDR für wenige Stunden sehen können“, erzählt Liesel Rauch. Natürlich haben wir versucht, die Zollbestimmungen nach Kräften zu unterlaufen. Haben Güter geschmuggelt, die heiß begehrten Strumpfhosen beispielsweise aus der Verpackung genommen und einfach in die Unterwäsche gesteckt.“

Als Liesel und Willi Rauch 1975 heiraten, kannten sie sich schon durch die Gemeindearbeit. „Gefunkt hat es halt ein bisschen später“, sagt Willi schmunzelnd. Damals war auch Liesel Presbyterin, mit der Geburt der Töchter 1976 und 1980 gab sie das Amt zugunsten ihres Ehemanns auf. In der Gemeindearbeit aber ließ sie nicht locker. Im „Konvent“ organisierten sie und andere praktische Hilfe für Senioren – Einkaufen, Handwerksarbeiten, Krankenpflege, Hilfe im Haushalt.

Und auch das Singen war für beide stets Lebenselixier. Willi Rauch, der ein Chorleiterseminar absolviert hatte, engagierte sich im Kreischorverband Pfalz, sang mit seiner Frau in der Saar-Pfälzischen Kantorei. Und bis heute sind sie im Kirchenchor Hornbach und im Oratorienchor Pirmasens präsent.

Dass man Willi Rauch schon sehr früh die Kassen der Jungen Gemeinde anvertraute, quittiert er mit Schulterzucken. „Ich hab immer gerne mit Zahlen operiert, und es ist mir nicht schwergefallen.“ Das hat sich nicht nur die Kirchengemeinde in Hornbach zunutze gemacht. Auch beim Verein zum Erhalt des Jugendheims, beim Diakonie-Verein, beim Historischen Verein, beim VdK und beim DRK Ortsverein fungiert Rauch seit Jahrzehnten als Kassenwart.

Nicht zu vergessen ist die spirituelle Seite. Schon 1964 hat Willi Rauch eine Lektorenausbildung absolviert. An seine erste Aufgabe und das Herzklopfen erinnert er sich noch gut. Großsteinhausen forderte ihn an. „Und ich habe damals ext­ra in einen schwarzen Anzug investiert.“ Seither war er zahlreiche Male im Einsatz, quer durchs Dekanat. Presbyter ist er ununterbrochen seit Mitte der 1970er Jahre, war 18 Jahre Bezirkssynodaler und lange Zeit Protokollant.

Die Zeiten haben sich geändert, neue Aufgaben erfordern Flexibilität. Die Rauchs haben prima mitgehalten. Liesel, die mehr als 15 Jahre auch noch Mutter und Schwiegermutter zu Hause pflegte, kümmert sich heute vor allem um die Klosterkirche, geht bei Konzerten, Gottesdiensten und Führungen zur Hand. In ihrem Garten wächst das meiste, was sie für ihre herrlichen Blumengebinde braucht. Was fehlt, kauft sie dazu. Und spendet es. „Wir haben jetzt viele Touristen, deshalb bleibt der sonntägliche Blumenschmuck immer die Woche über in der Kirche.“

Dass die beiden bei jeder Veranstaltung helfen, versteht sich. Fürs seltene Ausklinken nennt das sympathische Paar nur einen Grund: die fünf Enkelkinder. Na klar – als Oma und Opa ist man wirklich unersetzlich. Gertie Pohlit

Aufruf an die Leser

Die Organistin, die am Wochenende den Gottesdienst bereichert, der Rentner, der bei jedem Gemeindefest am Grill steht, die Jugendliche, die die Kinderkirche leitet: Ehrenamtliche bereichern die Kirchengemeinden der Landeskirche zwischen St. Ingbert und Altrip, Ebernburg und Wörth auf unterschiedliche Weise. In dieser Serie wollen wir sie zu Wort kommen lassen. Was hat sie geprägt, wo setzen sie sich ein? Und wo sehen sie die Kirche in ein paar Jahren? Kennen Sie jemanden, den wir vorstellen sollten? Dann melden Sie sich beim KIRCHENBOTEN, Beethovenstraße 4, 67346 Speyer, Telefon 06232/132321 oder per E-Mail an redaktion(at)nospamevpfalz.de. KB

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