Quereinsteigerin aus Überzeugung

Almendra Garcia de Reuter hat den Masterstudiengang Evangelische Theologie in Heidelberg absolviert

Schätzt die Vielfalt ihres künftigen Berufs: Die angehende Pfarrerin Almendra Garcia de Reuter an der Kirche in Birkweiler. Foto: Krauß

Den Kirchen fehlen in den kommenden Jahren an allen Ecken und Enden Pfarrer – und noch immer sind die Jahrgänge der Theologiestudierenden überschaubar klein. Um gegenzusteuern, wird immer mehr Menschen der Weg als Quereinsteiger in den Pfarrberuf ermöglicht. Zu ihnen zählt die 39-jährige Almendra Garcia de Reuter. Die studierte Kommunikationswissenschaftlerin hat in Heidelberg den Masterstudiengang Evangelische Theologie draufgesattelt, wurde im Februar fertig. Jetzt ist sie Vikarin bei Pfarrerin Eva Weißmann in Godramstein.

„Hebräisch war eine echte Herausforderung, eine Glaubensprüfung“, sagt Garcia de Reuter rückblickend auf das Studium. Stellenweise habe sie das Gefühl gehabt, es reicht nicht. „Egal, wie viel ich investiere an Zeit und Mühe.“ Doch letztendlich habe sie die Prüfung bestanden. Mut habe ihr der KIRCHENBOTE-Artikel zu Beginn ihres Studiums gemacht, den sie noch einmal in die Hand genommen hätte. Damals wurde sie zitiert, sie wisse, es werde kein leichter Weg, aber sie wolle ihn gehen. „Ich habe mir gesagt, dann musst du jetzt da durch.“

Denn als Mutter von zwei Kindern sei der Studentenalltag ein anderer. „Wenn andere studieren, studieren sie nur, bei mir läuft das Leben weiter.“ Mittags müssen ihre zwei Kinder von der Schule abgeholt werden. „Und wenn die Kinder im Bett sind, zu der Zeit, wo andere Menschen langsam runterfahren, musste ich hochfahren und lernen.“ Immerhin: Weil ihre Schwiegermutter aushalf, konnte sich die Landauerin ab und zu am Studentenleben beteiligen – und mit den anderen zum Beispiel in der Mensa essen.

Die 39-Jährige lobt, dass alle, die sich für Theologie interessieren, in Heidelberg zusammen studieren. „Es ist schön, dass wir nicht getrennt sind.“ Immer noch habe sie Kontakt zu den jüngeren Erststudenten – und natürlich zu den anderen Quereinsteigern. Die setzen sich aus einer bunten Mischung aus Berufen zusammen. „Im Jahrgang hatten wir einen Hotelfachmann, einen Opernsänger, einen Informatiker, einer hat im Drogeriemarkt gearbeitet“, zählt Garcia de Reuter auf.

Viele, so ergaben Gespräche unter den Quereinsteigern, wollten Theologie schon als Jugendliche studieren – „und dann kam irgendwas dazwischen“. Interessant seien die Reaktionen im Umfeld der angehenden Pfarrerinnen und Pfarrer gewesen. „Ich hab’s immer schon gewusst“, lautete der fast immer gleiche Kommentar, berichtet Garcia de Reuter.

Von ihrer Landeskirche fühlte und fühlt sich die jetzige Vikarin während des Studiums gut unterstützt, unter anderem durch das Darlehen, „das ich nur zur Hälfte zurückzahlen muss, wenn ich weiter in der Landeskirche arbeite“. Ein Spezialvikariat werde den meisten Quereinsteigern wegen ihres vorigen Berufs angerechnet. Auch sonst seien immer Ansprechpartner da gewesen, macht Garcia de Reuter anderen Mut für den Quereinstieg. Anteil an ihrem eigenen Weg hatte ihre Arbeit im Missionarisch-Ökumenischen Dienst (MÖD) in Landau, wo sie für die entwicklungspolitische Bildungs- und Kampagnenarbeit mit Studierenden aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa zuständig war.

„Ich freue mich über die Vielfalt des Pfarrberufs“, sagt Garcia de Reuter, die sehr gerne mit Kindern und Konfirmanden zusammenarbeitet. „Was mich nur bedrückt, ist die Menge.“ In etlichen Bereichen, beispielsweise bei der Verwaltung und Geschäftsführung von Kindergärten, sei eine Professionalisierung eingetreten, die eigentlich verlange, die Arbeit auf mehreren Schultern zu verteilen.

Schön wäre, wenn die eigenen Talente und Ideen darunter nicht leiden würden. Sie selbst mache beispielsweise gerne Grafikdesign. „Das würde sich auch lohnen für Flyer. Aber habe ich als Pfarrerin die Zeit dazu?“ Und während es auf der einen Seite immer weniger Pfarrerinnen und Pfarrer gebe, seien die Erwartungen an Pfarrerinnen und Pfarrer die gleichen geblieben. Für den Masterstudiengang schlägt Garcia de Reuter vor, auf jeden Fall die Zielgruppe zu erweitern. Besonders unter den Sozialwissenschaftlern, so ihre Beobachtung, gebe es viele Kandidaten für den Pfarrberuf. Florian Riesterer

Schönheiten des Berufs kennengelernt

Quereinsteiger Martin Rothe unterstützt seinen Ehemann Christoph Knack in Ludwigshafen-Gartenstadt

Pfarrer-Quereinsteiger Martin Rothe aus Ludwigshafen plant, im Sommer 2021 sein Vikariat in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz (EKBO) anzutreten. Aufgewachsen ist er in einer kirchlich engagierten Familie in Dresden, hat später die Ausbildung an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin absolviert.

„Ich war schon immer mit Kirche zugange – journalistisch, privat und ehrenamtlich“, erzählt Martin Rothe. Von 2015 bis 2017 baute er in Ludwigshafen das interreligiöse Netzwerk „Forum der Religionen“ auf. „Kirche, Theologie, Gottesdienst, Kirchenmusik – das ist einfach mein Zuhause! Das Evangelium gibt mir selbst immer wieder Kraft. Das möchte ich mit anderen teilen! Und als Pfarrer werde ich das besonders gut tun können“, sagt Martin Rothe.

Die Schönheiten und Herausforderungen des Berufs kennt er schon ganz gut: Er ist Lektor in seiner derzeitigen Gemeinde und unterstützt seinen Ehemann Christoph Knack, Pfarrer in Ludwigshafen-Gartenstadt. „Mich begeistert am Pfarramt, dass man so vielen verschiedenen Menschen aus unterschiedlichen Milieus und allen Altersgruppen begegnen kann“, sagt er. Das sei ähnlich wie in seinem bisherigen Beruf.

Der Unterschied? „Der freie Journalismus ist spannend und eine wichtige Sache. Aber man verbringt die meiste Zeit allein daheim vor seinem PC und schwebt wie eine Honigbiene von einem Thema zum nächsten“, sagt Ro­the. „Als Gemeindepfarrer komme ich viel öfter raus zu den Leuten, kann mitbauen an einem dauerhaften Beziehungsnetzwerk, das dem Gemeinwohl nützt. Und zwar nicht an irgendeinem Netzwerk: Es ist die Kirche von Jesus Christus.“

Sein Studium der evangelischen Theologie als Quereinsteiger in Heidelberg wird er im nächsten Jahr mit dem „Master of Arts“ abschließen und dann mit seinem Mann in die EKBO übersiedeln: „Unsere neue Landeskirche hat Metropole, kleinere Städte und Land, sie hat Ost und West, sie ist progressiv, engagiert und zugleich fromm. Ich denke, das ist eine einzigartige spannende Mischung für eine Kirche mit guter Zukunft.“ Andrea Gorys

Der Studiengang

Ein Theologiestudium für Quereinsteiger bieten die Universitäten Heidelberg, Marburg und Greifswald an, ab kommendem Frühjahr auch die Kirchliche Hochschule Wuppertal/Bethel. Auch Tübingen will dies einführen. In Heidelberg werden mindestens ein Bachelor-Abschluss und fünf Jahre Berufserfahrung vorausgesetzt. Das Studium kann in zwei Jahren Vollzeit oder flexibel absolviert werden. Hinzu kommen Hebräisch und Griechisch sowie Bibelkunde. In Heidelberg sind derzeit 24 Studentinnen und Studenten als Quereinsteiger eingeschrieben. Rund sechs fangen pro Semester neu an, erklärt Vjatscheslav Dreier von der Theologischen Fakultät. flor

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