Persönliche Grenzen bei Einsätzen nicht überschreiten

Absolventen der ökumenischen Ausbildung zur ehrenamtlichen Notfallseelsorge fühlen sich gut gerüstet – Entsendegottesdienst in Speyer

Nach dem Entsendegottesdienst: Die künftigen Notfallseelsorger mit den Mitwirkenden des Gottesdienstes, darunter Pfarrerin Anne Henning, Gemeindereferent Patrick Stöbener, Oberkirchenrätin Marianne Wagner und Domkapitular Franz Vogelgesang. Foto: Landry

25 Notfallseelsorger sind vergangene Woche in der Kirche St. German des Bischöflichen Priesterseminars offiziell in ihren Dienst entsendet worden. 17 davon sind die Ersten, die die achtteilige Ausbildung Notfallseelsorge im Ehrenamt durchlaufen haben, die Landeskirche und Bistum Speyer erstmals gemeinsam angeboten hatten.

Eine von ihnen ist Ronja Benz aus Neustadt. Die Sozialpädagogin, die in einem Seniorenheim arbeitet, erlebt in ihrem Beruf häufig Notfälle. „Wenn jemand im Sterben liegt, wird seelsorgerliche Begleitung von Angehörigen sehr entlastend wahrgenommen“, sagt Benz. Sie habe schon seit einigen Jahren entsprechende Fortbildungen gesucht, erklärt die 30-Jährige. Mit dem Kurs nun fühlt sie sich gestärkt. Ihre Chefin habe nichts dagegen gehabt, berichtet die Katholikin. Schließlich habe diese jetzt immer eine Notfallseelsorgerin im Haus, falls Benz nicht selbst im Notfalleinsatz ist. Und Pfarrer seien vor Ort nicht ständig verfügbar.

Natürlich sei sie vor der Praxisphase mit erfahrenen Notfallseelsorgern unsicher gewesen, ob sie die Einsätze wegstecken könne, sagt Benz. Aber Thema sei auch immer Selbstreflexion, Resilienz, Psychohygiene und Eigensicherung gewesen. Das könne auch bedeuten, sich gegen einen Einsatz zu entscheiden oder ihn abzubrechen. Falscher Ehrgeiz sei fatal, hätte sie gelernt. „Wenn ich mich selbst verbrenne, helfe ich damit niemandem.“ Dass diese persönlichen Grenzen bei jedem andere sind, wurde ausführlich besprochen. Da sie keine Kinder habe, sei es für sie kein Problem, Eltern zu besuchen nach einem plötzlichen Kindstod, erklärt Benz. Bei einem Motorradunfall wiederum würde sie Nein sagen, weil sie das zu sehr mitnehme. „Ich fahre selbst Motorrad.“

Christiane Kämmerer-Maurus, evangelische Religionslehrerin am Pfalz­ins­titut für Hören und Kommunikation in Frankenthal, kam mit dem Thema Notfall auf anderem Weg in Kontakt. Als nach dem Amoklauf an der Berufsbildenden Schule in Ludwigshafen im Jahr 2010 an allen Schulen Kriseninterventionsteams gebildet wurden, gehörte sie an ihrer Schule zum Team. „Ich habe mich nach dem ersten Treffen gefragt, ob ich überhaupt angemessen reagieren kann?“, sagt die 50-Jährige. Sei ihr Ziel anfangs gewesen, nur für die Frankenthaler Schule gerüstet zu sein, habe sie sich nun entschieden, auch an anderen Orten in den Einsatz zu gehen. Dazu trug auch bei, dass ein gutes Wir-Gefühl entstand. „Es gab eine große Vertrautheit in der Gruppe, das habe ich bei anderen Fortbildungen so nicht erlebt“, sagt Kämmerer-Maurus.

Eben diese Vertrautheit ist in Einsätzen wichtig, insbesondere bei Großschadenslagen in der Region, an denen mehrere Teams beteiligt sind, sagt Pfarrerin Anne Henning, Beauftragte für Polizei- und Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche der Pfalz. Wenn sich dann zum Beispiel Notfallseelsorger aus Frankenthal, Ludwigshafen und Neustadt schon kennen, sei das ein Vorteil. Angedacht ist, dass mittelfristig die jetzigen Absolventen des Kurses irgendwann selbst zu Mentoren der künftigen Notfallseelsorger werden, erklärt Gemeindereferent Patrick Stöbener, Diözesanbeauftragter für die Notfallseelsorge im Bistum Speyer, der mit Henning den Kurs leitet.

Und die kommenden Kursteilnehmer stehen schon wieder in den Startlöchern. Das Interesse ist auch dank Mund-zu-Mund-Propaganda groß, berichten beide. Bemerkenswert sei, dass sich auch Menschen, die in ihrem Beruf wenig mit dem Thema Seelsorge zu tun haben, dafür entschieden. Nahezu die Hälfte der Notfallseelsorger sind sogar inzwischen nicht geistliche Ehrenamtliche, eine Entwicklung, die Henning allerdings mit Blick auf die Kirche mit Stirnrunzeln betrachtet. Nicht geistliche Ehrenamtliche machten eine gute Arbeit als Notfallseelsorger. Doch wenn geistliche Ehrenamtliche, also Pfarrer, irgendwann in der Unterzahl seien, „sendet die Kirche das falsche Signal“, sagt Henning. Als Volkskirche dürfe es nicht nur um den Blick auf die Parochie gehen, sondern auch um die Seelsorge in der Gesellschaft. flor

Anmeldung möglic bis Freitag, 31. August, per E-Mail an anne.henning(at)nospamevkirchepfalz.de oder patrick.stoebener(at)nospambistum-speyer.de; über die Teilnahme entscheidet ein Auswahlgespräch.

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