Mehr Hegeauftrag als ein Jagdvergnügen

Pfarrer Christoph Krauth aus Kaiserslautern-Erfenbach hat vor wenigen Wochen den Jagdschein gemacht

Die Waffe darf er noch nicht tragen: Gemeindepfarrer Christoph Krauth mit Labrador-Hündin Mila. Foto: Kahn

Erfenbach. Wenn Gemeindepfarrer Christoph Krauth durch Kaiserslautern-Erfenbach geht, wird er anstelle des üblichen „Grüß Gott“ nun auch mit „Waidmannsheil“ begrüßt. Denn der 34-Jährige hat vor wenigen Wochen die Jagdprüfung bestanden. Widersprüche zur Bibel sieht der Jungjäger darin nicht. „Jeder, der Fleisch verzehrt, sollte sich darüber im Klaren sein, wie ein Tier auf den Teller kommt“, sagt er.

Dennoch gehören jagende Pfarrer zur Ausnahme. Das hat Krauth auch beim 14-tägigen Intensivkurs im saarländischen Überherrn erfahren: „Der Kursleiter war sehr erstaunt über meinen Beruf“, verrät er. Sei er doch der erste Pfarrer gewesen, den er für die Jagd ausgebildet habe. Wenn es sich ergebe, könne er sich in Zukunft auch Hubertusmessen in seiner Gemeinde vorstellen, sagt der Theologe.

Von Kindesbeinen an sei er im Wald unterwegs, sagt Krauth, der aus Lauterecken im Kreis Kusel stammt. Nach knapp fünf Jahren als Gemeindepfarrer in Schönenberg-Kübelberg ist er seit Anfang 2019 im Kaiserslauterer Ortsteil Erfenbach für rund 1200 Gemeindemitglieder zuständig. Früher sei er auch Angeln gegangen. Den Jagdschein habe er schon während des Studiums ablegen wollen, schildert Krauth den lang gehegten Wunsch. Denn sein Schwiegervater war ebenfalls Jäger, ebenso wie ein Onkel seiner Frau. Diese Familientradition wolle er fortführen. Für ein eigenes Revier sei es allerdings zu früh. Auch auf den Waffenschein wartet er noch, darf noch keine Waffe führen.

Doch das Jäger-Outfit ist schon vorhanden. Wenn sich der 34-Jährige im grünen Dress samt Filzhut und Fernglas zusammen mit Labrador-Hündin Mila und Jägerkollegen auf die Pirsch begibt, dann sei dies für ihn mehr Hegeauftrag als Jagdvergnügen, versichert Krauth. Der Jagdkurs habe seinen Blick auf das Ökosystem Wald stark verändert, betont er: „Jagd ist viel mehr als Schießen.“ Sie erfordere Kenntnis der Natur und des Ökosystems. Die Bewahrung der Schöpfung als urchristliches Thema sei dazu kein Widerspruch, ist der Theologe überzeugt.

So sieht es auch der frühere Pfarrer aus Bornheim, Gerd Weber. Nach 31 Jahren hat er sein Revier aus gesundheitlichen Gründen abgegeben. Theologisch betrachtet sei die Jagd nicht von der Hege zu trennen, sagt Weber. Sie sorge für das Gleichgewicht der Arten innerhalb der Schöpfung. „Würden die Jäger nicht eingreifen, gäbe es bestimmte Niederwildarten gar nicht mehr“, argumentiert er. Als Pfarrer sei er oft auf seine Passion angesprochen worden. Manch einer habe darauf auch verwundert reagiert. „Mir ging es nie um den Spaß an der Waffe, sondern um die Hege“, betont er.

Auch Andreas Gutting, Pfarrer in Zeiskam, ist Jäger. Seit mehr als 20 Jahren jagt er bei Ludwigswinkel im Staatsforst – vor allem Rehe, Schwarz- und Rotwild. Ein Stück Wild, das er selbst erlegt hat, sei im 100-mal lieber als ein Billigschnitzel vom Discounter, bekennt Gutting. Unter Rechtfertigungsdruck sieht er sich keineswegs. „Wir leben doch von der Natur“, sagt der Pfarrer, auch ein Stück Holz sei lebendig und werde genutzt. Das fünfte Gebot „Du sollst nicht töten“ sei eindeutig auf Menschen bezogen. Als er bei der Bundeswehr die Ausbildung an der Waffe absolvierte, habe keiner nachgefragt. Als Jäger werde er jedoch damit mitunter konfrontiert. Gutting: „Das ist schon schizophren.“

Vorbehalte aus seiner Gemeinde kamen Christoph Krauth bisher noch nicht zu Ohren. Er stelle sich aber gerne der Diskussion. Der Bezug zum Nahrungsmittel Fleisch sei vielfach verloren gegangen, bedauert er. Die Jagd stelle auch eine Form der Wertschätzung der Wildtiere dar, denn die Hürde, an ein Stück Fleisch zu kommen, sei dabei viel höher, als wenn man sich im Supermarkt bediene. Jagd umfasse viel mehr als lediglich die Schießausbildung, weiß Krauth. Dazu gehöre auch ein enger Bezug zum Tier, dem er nach dem Schuss die Ehre erweise und den „letzten Bissen“ gebe.

Und doch, ein gewisses Schuldgefühl, das spürt Christoph Krauth beim Jagen schon: „Es wird ja Leben ausgelöscht“, ist er sich bewusst. Der Bereitschaft, ein Tier zu töten, müsse man sich sehr klar sein, fügt sein erfahrener Kollege aus Zeiskam hinzu. Und Gutting ergänzt: „Es gibt durchaus auch Tage, an denen ich das nicht kann.“ suca

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