Land richtet Clearingplätze für gefährliche Kinder ein

Mainzer Familienministerium bringt strafunmündige Minderjährige in spezieller Immobilie unter – Koordinierungsstelle im Landesjugendamt

Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen: Er blieb vor zwei Jahren verschont, weil die Bombe eines Zwölfjährigen nicht zündete. Foto: Kunz

Rheinland-Pfalz will in Zukunft auf Fälle wie den des zwölfjährigen Bombenlegers aus Ludwigshafen vor zwei Jahren besser vorbereitet sein. Das Mainzer Familienministerium plant die Schaffung von „Clearingplätzen“ für strafunmündige Kinder, von denen eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Als Unterbringungsort für einen Zeitraum von je nach Fall bis zu mehreren Monaten wolle das Land eine spezielle Immobilie bereithalten, sagte der zuständige Abteilungsleiter, Klaus Peter Lohest. Gedacht sei an ein frei stehendes Haus. Dort könnten Minderjährige nach Bedarf mit oder ohne ihre Angehörigen untergebracht werden.

Im Landesjugendamt soll außerdem eine Koordinierungsstelle für Krisenfälle wie in Ludwigshafen eingerichtet werden. Von dort würden zukünftig die unmittelbar zuständigen Jugendämter Unterstützung erhalten. In einem nächsten Schritt wolle das Land einen oder mehrere freie Träger zur Betreuung dieser Fälle gewinnen, kündigte Lohest an. Ein vom Ministerium erstelltes Konzeptpapier sieht außerdem stärkere Maßnahmen zur Prävention vor. So sollen interdisziplinäre Expertenteams und eine landesweite Arbeitsgemeinschaft für schwierige Einzelfälle in der Jugendhilfe gebildet werden. Im Doppelhaushalt für 2019 und 2020 sind jeweils 200000 Euro für die Maßnahmen eingeplant.

Das vom Land Rheinland-Pfalz entwickelte Konzept ist eine Konsequenz aus den Schwierigkeiten im Umgang mit dem damals erst zwölf Jahre alten, radikalisierten Schüler. Er hatte Ende 2016 versucht, einen islamistischen Terroranschlag zu verüben. Dazu hatte das Kind auf dem Ludwigshafener Weihnachtsmarkt und einige Tage später am Rathauscenter eine selbst gebaute Bombe deponiert, die jedoch beide Male nicht explodierte.

Der bundesweit bislang einzigartige Fall hatte ein enormes öffentliches Echo gefunden und die zuständigen Behörden zugleich mit einer Vielzahl rechtlicher und praktischer Probleme konfrontiert. Zum damaligen Zeitpunkt gab es kein Konzept für den Umgang mit Kindern, von denen eine terroristische Gefahr ausging. „Wenn wir das damals gehabt hätten, wäre die Odyssee des Jungen in den ersten Wochen vermieden worden“, sagte Lohest. Für alle beteiligten Behörden und Einrichtungen habe es sich aber um „absolutes Neuland“ gehandelt: „Eines der Probleme war, dass der Stadt Ludwigshafen über 100 Einrichtungen in der Bundesrepublik abgesagt hatten.“

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hatte sich anfangs für ein bundesweit koordiniertes Vorgehen zum Umgang mit ähnlich gelagerten Fällen starkgemacht. In der Bundesregierung und bei den bislang nicht betroffenen anderen Ländern fand die Forderung nach Aussage des Ministeriums jedoch nicht die nötige Unterstützung.

Der Junge aus Ludwigshafen, der die deutsche und die irakische Staatsbürgerschaft besitzt, ist mittlerweile 14 Jahre alt. Auch zwei Jahre nach der Tat werde er „weiterhin an einem sicheren und geschützten Ort außerhalb von Ludwigshafen im Rahmen der Jugendhilfe betreut“, teilte die Stadtverwaltung auf Nachfrage mit. Dort werde er auch beschult. „Aus Sicht der Jugendhilfe verläuft die Entwicklung des Jungen positiv“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme aus dem Rathaus der Stadt Ludwigshafen. kp

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