Konfessionslose Schüler in den Unterricht einbinden

Susanne Schwarz sieht als erste Stiftungsprofessorin für evangelische Theologie in Landau Religionsunterricht vor vielen Herausforderungen

Bringt als ehemalige Religionslehrerin in Sachsen an die Universität auch praktische Erfahrungen mit: Susanne Schwarz. Foto: Iversen

In den nächsten Jahren werden viele Lehrer in Pension gehen. Auch aus diesem Grund hat die Landeskirche an der Universität Landau auf fünf Jahre eine Stiftungsprofessur eingerichtet, die danach von der Universität unbefristet weitergeführt wird. Erstmals kann so evangelische Religion auf Gymnasiallehramt studiert werden. Susanne Schwarz möchte als Stiftungsprofessorin ihre 362 Studierenden gut auf den Lehrerberuf vorbereiten. Deshalb will sie herausfinden, wie es um die Schüler in Rheinland-Pfalz bestellt ist. Studenten sollen mit Fragebögen in Grund- und Realschulen sowie Gymnasien abfragen, welche Erwartungen Schüler an den Religionsunterricht haben, welchen religiösen Hintergrund sie haben oder was sie daraus mitnehmen.

Spannend ist dies aus mehreren Gründen. Der Anteil christlicher Schüler nimmt seit Jahren ab, was Religionsunterricht auch in Rheinland-Pfalz immer schwieriger macht. Schwarz kennt die Extreme. Sie hat sich in ihrer Doktorarbeit mit jahrgangsübergreifendem evangelischem Religionsunterricht in Diasporagebieten beschäftigt und dafür auch konfessionslose Schüler in den Blick genommen. Diese besuchen nicht zwangsläufig den Ethikunterricht, sondern oft den Religionsunterricht. In Bayern waren es nach einer Studie von Schwarz und ihrer Kollegin zehn Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern nach einer anderen Studie sogar 40 Prozent. Warum Religionsunterricht dort so erfolgreich ist, kann Schwarz nicht sagen. Und der Zuspruch sagt nicht unbedingt etwas über die Qualität aus.

So habe die Studie in Bayern gezeigt, dass Schüler, die sich als nicht religiös auffassen, deutlich weniger mit dem Religionsunterricht anfangen können, sagt die Professorin. „Offenbar besteht ein impliziter Wahrheitsanspruch“, sagt Schwarz im Bezug auf den präsentierten Schulstoff. Die Herausforderung wäre, den Religionsunterricht so zu konzipieren, dass er alle anspricht: „Wie präsentiere ich die Glaubensinhalte, dass ich ohne einen persönlichen Bezug zum Gegenstand etwas Relevantes für mich lernen kann?“ Ein interessantes Forschungsfeld, findet Schwarz.

Eine Konsequenz aus solchen Überlegungen ist die Einführung von konfessionell-kooperativem Religionsunterricht in einigen Bundesländern. Laut einem Grundlagenpapier der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sei dieser Unterricht eine „zukunftsweisende Entwicklungsmöglichkeit“. Gleichzeitig bezeichnete der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm ihn „in der Praxis weitgehend unzureichend“. Im Frühjahr beschäftigt sich eine EKD-Fachtagung in Frankfurt mit dem Thema. Dabei sei konfessionell-kooperativer Unterricht nicht allein aufgrund sinkender Mitgliederzahlen künftig ein ernst zu nehmendes Modell, sagt die Landauer Professorin. „Es geht auch um den religionspädagogischen Ansatz. In der Begegnung mit dem anderen setze ich mich auch mit der eigenen Identität auseinander.“

Schwarz spricht aus Erfahrung. In Leipzig vor der Wende geboren, war sie mit ihrem Interesse für Religion eine Exotin. „Es war schon spürbar, dass wir nicht der Mainstream waren“, sagt Schwarz über sich und ihre Familie. Erst 1992 wurde Religion in Sachsen Schulfach. Ihr damaliger Lehrer, mit dem sie immer noch in Kontakt steht, habe sie genauso wie die konfessionslosen Schüler begeistert. Später hat sie selbst in Crimmitschau Schüler von der fünften bis zur zehnten Klasse unterrichtet. Auch hier waren evangelische Schüler die Minderheit. „Die Fragen der konfessionslosen Schüler haben mich extrem gefordert im positiven Sinn.“

Heute besuchen in Sachsen rund 75 Prozent der Schüler den Ethikunterricht. Abschauen könnte man sich von Schulen dort, dass die Fächer einzeln vorgestellt werden, auch Religion. „Man muss dafür werben“, sagt Schwarz auch mit Blick auf Rheinland-Pfalz. Das habe nichts mit Mission zu tun. Religionsunterricht könne den Traditionsabbruch beim Glauben nicht kompensieren, zerstreut sie gleich mögliche falsche Erwartungen. „Aber ich kann doch das religiöse Bildungsangebot präsentieren.“ Fest steht: Die Arbeit geht Schwarz sobald nicht aus. Florian Riesterer

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