Kein Respekt mehr vor Gräbern und Altären

Diebe haben längst Kirchen und Friedhöfe im Blick – Kaiserslauterer Dekanat denkt nach jüngstem Einbruch über ein Sicherheitssystem nach

Spuren sichern: Von dem Einbruch in Kaiserslautern waren Dekanat und der Gemeindepädagogische Dienst betroffen. Foto: view

„Eine Schande“, „Unglaublich, respektlos und verachtend“ oder „So was hab’ ich auch noch nicht gehört“. Der Diebstahl des ehemaligen Altarkreuzes der Kaiserslauterer Stiftskirche vor wenigen Wochen hat die Menschen aufgewühlt, nicht nur in den sozialen Netzwerken. Fakt ist aber: Längst machen Diebe um religiöse Einrichtungen keinen Bogen mehr. 2017 wurden diese Tatörtlichkeiten erstmals gesondert in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik eingeführt, sagt Michael Hummel vom Polizeipräsidium Westpfalz in Kaiserslautern.

Dieses zählte 2018 in seinem Zuständigkeitsbereich sieben Fälle von schwerem Diebstahl in Gotteshäusern. 2017 waren es zwölf. Dazu kamen in beiden Jahren zusammen mehr als 30 Fälle von Diebstahl auf Friedhöfen. Für den selben Zeitraum kommt das Polizeipräsidium Rheinpfalz in Ludwigshafen bei einer Zählung der Diebstahldelikte auf Friedhöfen auf 111 Fälle plus 14 Sachbeschädigungen. Allein auf dem Friedhof Mundenheim wurden im vergangenen Dezember 100 Gräber beschädigt. Den Wert des Diebesguts beziffert die Polizei auf rund 15000 Euro. Vor allem Grabschmuck aus Metall klauen die Täter. Dafür werden sogar Lettern von Grabsteinen geflext, diese dabei beschädigt. „Das ist eine gehörige Missachtung, man hatte ja lange gedacht, man hat da mehr Achtung und Respekt“, macht die Ludwigshafener Dekanin Barbara Kohlstruck ihrem Ärger Luft.

„Das hat deutlich zugenommen“, sagt Michael Sattel zu Friedhofdiebstählen. Der Leiter des protestantischen Vewaltungsamts in Kaiserslautern muss es wissen. Schließlich hat er viele Jahre auf dem Grünflächenamt gearbeitet. Selbst Wasserhähne und die Dachrinne der Trauerhalle seien auf dem Friedhof schon abmontiert worden, erzählt er. Handelt es sich hier um auf Metall spezialisierte Banden, vermutet Sattel hinter dem Einbruch in das Verwaltungsgebäude des Dekanats Ende Mai Beschaffungskriminalität. Die Täter ließen die Computer stehen, waren nur an Bargeld interessiert – das kaum vorhanden war. Der Sachschaden ist dafür beträchtlich, alle Türen wurden aufgehebelt, einige wie die zu Sattels Büro gar eingetreten. Rund 5000 Euro versucht das Dekanat so über die Ecclesia Versicherung zurückzubekommen. Über diese sind Einbruchdiebstähle in Pfarrhäuser, Kirchen oder kirchliche Verwaltungsgebäude versichert. Wie häufig Kirchengemeinden betroffen sind, verrät die Versicherung nicht.

Nachfragen vor Ort bestätigen eine gewisse Regelmäßigkeit. „Das passiert alle paar Jahre“, habe ihm Citykirchenpfarrer Stefan Bergmann erzählt, sagt Sattel. Zuletzt 2015. In Dansenberg-Hohenecken erbeuteten Täter jüngst einen Silberkelch. Immer wieder betroffen sind Kindergärten.

Auch in Pfarrhäuser wird eingestiegen, berichtet die Pirmasenser Dekanin Waltraud Zimmermann-Geisert. In einem Fall sei aus ihrem Amtszimmer Geld entwendet worden. „Der Täter wusste genau, wo das Geld lag“, sagt die Dekanin. Deshalb hatte sie eine Person im Verdacht, der sie kurz zuvor im Büro etwas Geld geschenkt hatte. Auch die Pfarrwohnung von Wolfgang Rasp in Pirmasens sei schon das Ziel von Dieben gewesen. Pfarrerin Anke Reinheimer lag gar in ihrem Bett, als drei Maskierte ihr Schlafzimmer im Pfarrhaus Nünschweiler durchwühlten. „Eine skurrile, letztendlich harmlos verlaufene nächtliche Erfahrung“, sagt sie. Nur der Papierkram mit den unterschiedlichen Versicherungen habe sich hingezogen.

Auch aus diesem Grund denkt Michael Sattel für Kaiserslautern nun über ein Sicherheitssystem nach, mit Bewegungsmeldern und Alarm. Über dieses sollten dann zentral sowohl Stiftskirche als auch Alte Eintracht, Unionskirche und Verwaltungsgebäude angesteuert werden. Jetzt hofft Sattel erst einmal, dass die Bürotür bald geliefert wird. In der Stiftskirche hat der Kreuzklau unterdessen zu einer Welle ungeahnter Solidarität geführt. Neben dem Kreuz, das der zehnjährige Julian Voss für die Kirche selbst gebaut hat (wir berichteten in KIRCHENBOTE 24, Seite 19), haben Citykirchenpfarrer Stefan Bergmann unzählige weitere Menschen angesprochen. Sie würden gern ein Kreuz spenden. Florian Riesterer

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