In Ruchheim soll wieder ein Adler aufs Kriegerdenkmal

Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck hofft dadurch auf Ende des seit über zehn Jahren schwelenden Konflikts – Kirche will sich nicht äußern

Steht unter Denkmalschutz: Pfarrerin und Presbyterium wollen keinen Adler mehr auf dem 1895 gebauten Denkmal. Foto: Kunz

In dem seit Jahren schwelenden Streit um ein Kriegerdenkmal in Ludwigshafen will die Stadtspitze Fakten schaffen. Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) kündigte an, dass der Obelisk vor der evangelischen Kirche in Ruchheim wieder eine Adlerfigur erhalten werde. Die Kirchengemeinde, die sich in der Vergangenheit gegen das als kriegsverherrlichend empfundene Monument aussprach, müsse die Wiederherstellung des Denkmals auf ihrem Grundstück dulden.

Der Beschluss sei nach eingehender juristischer Prüfung gefällt worden, sagte Steinruck: „Der seit 2007 andauernde Konflikt zwischen Befürwortern und Gegnern des Adlers hat sich negativ auf das Zusammenleben in Ruchheim ausgewirkt. Mit unserer begründeten und nachvollziehbaren Entscheidung sorgen wir für Klarheit und dafür, dass nun wieder Ruhe einkehren kann.“

Nach Ansicht der Verwaltung ist Steinruck berechtigt, diese Entscheidung zu fällen. Das Denkmalschutzgesetz sehe zwar vor, dass bei kirchlichen Kulturdenkmälern die Kirchen unter bestimmten Voraussetzungen die Aufgaben des Denkmalschutzes anstelle der zuständigen staatlichen Behörde wahrnehmen, teilte die Stadt mit. Dies gelte jedoch nur für Kulturdenkmäler, über die die Kirchen verfügungsberechtigt seien. Beim Adler fehle es an einer solchen Berechtigung. Auch wenn die Kirche Eigentümerin des Grundstücks und damit des Denkmals sei, werde ihr Eigentum in diesem Fall durch die öffentliche Zweckbindung überlagert. Diese bestehe im Gedenken an die Teilnehmer und Gefallenen des Kriegs von 1870/1871. Dieser habe die Kirche im Jahr 1895 ebenso zugestimmt wie der Errichtung des Denkmals. An diese Zustimmung sei sie gebunden.

Die Dekanin des Kirchenbezirks Ludwigshafen, Barbara Kohlstruck, teilte auf Anfrage mit, es sei noch nicht entschieden, wie die Kirche auf Steinrucks Ankündigung reagieren werde: „Wir werden prüfen, ob wir die Rechtsauffassung der Oberbürgermeisterin teilen.“ Die Kirchengemeinde in Ruchheim war nicht für einen Kommentar zu erreichen. Auch Wolfgang Schumacher, Sprecher der Landeskirche, will die Angelegenheit nicht kommentieren. „Das ist eindeutig Sache der Kirchengemeinde.“ Diese werde aber, wenn sie es wünsche, von der Landeskirche beraten.

Allerdings hat es nach Auskunft der Stadt Ludwigshafen Anfang Juli ein Gespräch zwischen Stadt und Landeskirche gegeben. Teilgenommen hätten neben Dekanin Kohlstruck der landeskirchliche Beauftragte für Behindertenseelsorge, Pfarrer Thomas Jakubowski, sowie Bernd Ehrhardt, Technischer Leiter der Baufachabteilung der Landeskirche. Darüber hinaus bestünden seit Langem Kontakte sowohl mit der Bauabteilung des Landeskirchenrats als auch mit einer Rechtsdirektorin der Landeskirche, so die Stadt.

Das Kriegerdenkmal von Ruchheim für die Gefallenen des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/1871 wurde 1895 auf kircheneigenem Grund gebaut und steht unter Denkmalschutz. Der vor über zehn Jahren ausgebrochene Streit hatte sich an der Frage entzündet, ob die 1995 vom Denkmal herabgefallene Adlerfigur erneuert werden sollte. Der Freundeskreis für Heimat- und Denkmalpflege Ruchheim hatte bereits eine Replik anfertigen lassen.

Das Presbyterium der Kirchengemeinde hatte sich jedoch lange gegen eine Rückkehr der Adlerfigur gewehrt und plädiert stattdessen für den Abbau des Obelisken. Im Zuge der Auseinandersetzung hatte es unter anderem Hakenkreuzschmierereien und nächtliche Drohanrufe im Pfarrhaus gegeben. Sogar ein Sprengsatz war im Briefkasten der Pfarrerin abgelegt worden.

Die neue Oberbürgermeisterin habe in den vergangenen Monaten versucht, einen Kompromiss zwischen Gegnern und Befürwortern des Kriegerdenkmals zu finden, „was leider nicht möglich war“, heißt es vonseiten der Stadt. Im Herbst 2017 hatte es so ausgesehen, als könne eine Versetzung des Denkmals auf einen Platz in der Nachbarschaft die Lage befrieden. Am alten Standort sollte stattdessen ein barrierefreier Zugang zur Kirche gebaut werden. Allerdings sei kein Bauantrag bei der Stadt eingegangen, hieß es im Rathaus. Die Stadt habe deshalb den bereits geplanten Abbau des Monuments gestoppt. kp/koc

Meistgelesene Artikel