Gut vernetztes Frauenquartett

Im Amt für Kirchenmusik der Landeskirche in Speyer werden einzelne Fäden zu einem Ganzen geknüpft

Arbeiten sich gegenseitig gut zu (von links): Cornelia Winter, Sina Lösch, Rebecca Sieron (sitzend) und Rosa Wagner. Foto: Landry

Es ist Dienstag im Amt für Kirchenmusik (AfK). Normalerweise haben Rebecca Sieron, Cornelia Winter, Rosa Wagner und Sina Lösch Dienstbesprechung. Heute ist ausnahmsweise „Plaudern aus dem Nähkästchen“ angesagt. Auf dem Konferenztisch machen sich – als kleine Reminiszenz an das gerade an zwei Orten in Szene gesetzte Caldara-Projekt der Evangelischen Jugendkantorei – die Notenstapel der „Missa“ und anderen Werken breit.

Jochen Steuerwald, Landeskirchenmusikdirektor und Chef des Speyerer Amts, hat seinen freien Tag. Dessen ungeachtet schreibt er E-Mails, erinnert, informiert auch an solchen Tagen sein vierköpfiges Team, das den Laden am Laufen hält. Ein weitgefächertes Aufgabenspektrum ist zu bedienen. Jede der vier Frauen hat ihr Päckchen zu schultern; und jede agiert im Einvernehmen mit den Kolleginnen.

Rebecca Sieron ist so etwas wie die Schaltzentrale im Vorzimmer und bedient so auch den Terminkalender ihres Chefs, koordiniert seine Auswärtsverpflichtungen und seinen Tagesablauf im Amt. Seit fünf Jahren betreut die Mutter einer achtjährigen Tochter, die ursprünglich Arzthelferin gelernt und mit Betriebswirtschaftslehre und Eventmanagement aufgestockt hat, ihren Posten. So zählt auch die Buchhaltung zu ihren Aufgaben. Sodann betreut sie alle Vorgänge um die Ausbildung der nebenamtlichen Kirchenmusiker. Sie erstellt Seminarpläne, organisiert Werkstatttage, koordiniert den Unterricht, erstellt Rechnungen und Abschlusszeugnisse.

Mit Freude hat Sieron die Organisation und Vor-Ort-Betreuung der alteingesessenen Sommerstudienwochen in Gosau übernommen; hier arbeitet sie eng mit dem ausrichtenden Verband für Kirchenmusik zusammen. Und schließlich brauchen auch die Konferenzen der Bezirkskantoren und die sommerlichen Orgelexkursionen akribische Vorbereitung.

Cornelia Winter, die seit fast drei Jahren an der Seite von Steuerwald vor allem im Konzertmanagement tätig ist, holt ein bisschen aus. Sie will vermitteln, dass künstlerische Arbeit ihren Preis hat. „Wir sind, wenn man so will, ein wichtiger Arbeitgeber für ausübende Künstler, die es schwerer denn je haben. Riesige Honorare können auch wir nicht stemmen. Aber wir versuchen, fair und reell zu sein.“ Nach außen zu vermitteln, dass großartige Kunst nicht zum Niedrigbudget zu haben ist, sei zuweilen ein Balanceakt.

Aktuell gilt es, das Pfingstprojekt der Evangelischen Jugendkantorei in trockene Tücher zu bringen. Die Verträge sind längst abgeschlossen, die Aufführungsorte festgeklopft. Klappt der Vorverkauf? Sind die Plakate geordert? Das Fundraising werde zudem immer schwieriger, schildert Winter, die sich neben ihrer Ausbildung zur Konzertsängerin auf diesem Gebiet professionalisiert hat. Hemmschwelle gerade für Projekte der landeskirchlichen Chöre sei die Tatsache, dass diese nicht regional verortet sind. „Man muss versuchen, überregionale Geldgeber zu akquirieren, die sich aber dann doch eher in ihrem Umfeld engagieren.“ Im Terminmarathon wird jetzt schon das Programm 2021 mit Vehemenz angesteuert, zumal es ein Jubiläum zu feiern gilt: Die Evangelische Jugendkantorei der Pfalz besteht dann 70 Jahre.

2017 stieß Rosa Wagner über den Umweg Bibliothek- und Medienzentrale zum Team im Amt für Kirchenmusik. Die ausgebildete Mediengestalterin hat sich explizit für die Öffentlichkeitsarbeit, die Pflege des Internetauftritts und die halbjährlich erscheinenden „Kirchenmusikalischen Mitteilungen“ positioniert. In enger Zusammenarbeit mit dem Landesverband für Kirchenmusik kümmert sie sich obendrein um die Jahrestagungen der Kirchenmusiker in den Bezirken, bereitet die Verbandsratssitzungen vor, ist für Ehrungen und Urkunden zuständig und betreut die interne Notenbibliothek.

Aus der handfesten Verwaltungsecke ist Sina Lösch im Januar 2018 zum AfK-Team gestoßen. Sie engagiert sich im Management beider Chöre, neben der Jugendkantorei also dem Oratorienchor der Landeskirche, zurrt Probentermine und -orte quer durch die Pfalz fest, organisiert die Studienwochen, ist Kontaktfrau zu den Tagungshäusern. Zudem koordiniert sie – in engem Benehmen mit dem ausrichtenden Landesverband – den jeweils im Zweijahresturnus wechselnden Landeskirchenmusiktag und Landeskinderchortag.

Was alle vier Frauen nicht müde werden zu betonen, ist das ausgesprochen freundliche Betriebsklima im Amt. „Wir arbeiten perfekt zusammen; und jede hat in ihrem Aufgabenbereich weitgehend freie Hand“, sagt Cornelia Winter lobend. Rosa Wagner schätzt vor allem die Transparenz, die gegenseitiges Zuarbeiten erleichtere. „Und wir erfahren Wertschätzung – häufiger als üblich ein herzliches Dankeschön.“ Das geht vor allem an die Adresse ihres Chefs Jochen Steuerwald. Jede der Fachfrauen arbeitet in Teilzeit, alle haben Familie, teils kleine Kinder. „Wenn mal ein Kind krank ist, man kurzfristig ausfällt, was natürlich die Ausnahme ist, so herrscht da großes Verständnis.“ Das sei nicht überall selbstverständlich, sagt Lösch.

Übrigens fehlt es auch nicht an männlicher Unterstützung. Per Bundesfreiwilligendienst ergänzt Lauritz Steyer das Frauenteam – nicht nur, aber auch schon mal tatkräftig beim Podestbau oder Truhenorgeltransport. Sodann schätzen alle ungemein das weit übers Ehrenamt hinausreichende Engagement von Rupertus Woehl, Schatzmeister des Landesverbands. So mutiert das Quartett zuweilen zum Sextett. Gertie Pohlit

Kunst auf stabilen Füßen

Das Amt für Kirchenmusik ist, wie die Bezeichnung schon nahelegt, Teil einer Behörde; ein Konstrukt, das sich an klaren Regularien orientiert, ein Konstrukt, in dem verwaltet wird. Da stellt sich freilich die Frage: Wie können Kreativität, künstlerisches Selbstverständnis und Konzertereignisse verwaltet werden, die wenig mit Schreibtischvorgängen, dafür umso mehr mit dem kündenden Auftrag der Kunst und der Kraft theologischer Mission nach Noten zu tun haben?

Adolf Graf, ab 1955 nicht nur der erste Landeskirchenmusikdirektor der Pfälzischen Landeskirche, sondern überhaupt der Evangelischen Kirche in Deutschland, war sich sehr wohl bewusst, welchen Spagat zwischen Kreativität und Kontor er da angezettelt hatte. Aber er wusste auch, dass es hilfreich war, der musikalischen Verkündigung mit ihren ausufernden Exkursen ins Genialische eine Erdung zu verpassen. So konnten Strukturen geschaffen werden, die jenseits des künstlerischen Anspruchs Kirchenmusik zukunftsorientiert auf solide Füße stellten. Sie sollten helfen, Nachwuchs zu akquirieren und professionell und transparent quer durch die Landeskirche zu agieren. gpo

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