Gruppenzugehörigkeit spielt keine Rolle

Synode entscheidet über Nachfolge von Oberkirchenrat Gärtner – Kirche vor großen Herausforderungen

Die Kandidaten (von links): Alexander Bitzel, Friedemann Fritsch, Claus Müller und Dorothee Wüst. Fotos: pv

Einen Favoriten unter den vier Bewerbern gibt es nicht, wenn die Landessynode am 24. Mai die Nachfolgerin oder den Nachfolger von Oberkirchenrat Michael Gärtner (63) wählt, der im Frühjahr 2019 in den Ruhestand geht. Das war früher anders. Viele Jahre haben die drei kirchenpolitischen Gruppen „Arbeitskreis Offene Kirche“ (AOK), „Synodaler Gesprächskreis“ (SGK) und „Kirchlich-Theologische Arbeitsgemeinschaft“ (KTA) die drei geistlichen Oberkirchenratsstellen unter sich aufgeteilt. Das ist seit der im Herbst 2015 gescheiterten Wahl für einen Nachfolger von Oberkirchenrat Gottfried Müller (KTA) nicht mehr so.

Ein Grund für diese Veränderung ist eine neue vierte Gruppe in der Synode: das „Synodale Forum“. Dadurch war schon rechnerisch die Gleichung, eine Gruppe – ein Oberkirchenrat, nicht mehr möglich. Doch auch in den anderen Gruppen sorgte das althergebrachte Verfahren für Unbehagen. Die nicht an Gruppen gebundene Auswahl, so argumentierte etwa der Landessynodale und emeritierte Politikprofessor Ulrich Sarcinelli, erhöhe die Chancen, den besten Bewerber für ein Amt zu bekommen. Und wenn die Zugehörigkeit zu einer pfälzischen synodalen Gruppe keine Rolle spiele, verbesserten sich auch die Aussichten für externe Bewerber.

Die KTA, die derzeit keinen Oberkirchenrat stellt, verzichtet denn auch auf einen Kandidaten. Der Gruppe steckten die letzten beiden Wahlen noch in den Knochen, als ihr jeweiliger Kandidat scheiterte, sagt Synodaler Walter Becker. Vor dem jetzigen Urnengang sei seine Gruppe nicht festgelegt.

Gleich zwei Bewerber schickt der AOK mit der Kaiserslauterer Dekanin Dorothee Wüst und dem Germersheimer Dekan Claus Müller ins Rennen. Es habe vonseiten seiner Gruppe keine Absprachen gegeben, sagt Synodaler Rudi Kochenburger. Er freue sich, dass der AOK zwei gute Bewerber habe und deshalb entspannt in die Wahlen gehen könne.

Ähnlich entspannt sieht Helmuth Morgenthaler vom SGK die Sache. Seine Gruppe stellt mit Sutter und Wagner zwei Oberkirchenräte, und auch der Kirchenpräsident gehört ihr an. „Wir schauen uns das in Ruhe an“, sagt er. Je nach Verlauf könnten zwischen den Wahlgängen Gespräche geführt werden.

Erfreut über die neue Situation ist der Donnersberger Dekan Stefan Dominke vom „Synodalen Forum“. Es sei ein Ziel seiner Gruppe gewesen, dass die Personalabsprachen aufhörten und nur noch die Eignung entscheide. „Dieses Ziel scheinen wir erreicht zu haben.“

Alle Kandidaten sehen die Landeskirche vor großen Herausforderungen. Und alle vier erkennen in der Bildung einen Schlüssel zu deren Bewältigung. Weshalb sie besonders am Dezernat Bildung, das Oberkirchenrat Gärtner zugeordnet war, interessiert sind. Nicht zuletzt, um Nachwuchs für den Pfarrdienst zu gewinnen.

Der 49-jährige Alexander Bitzel ist seit 2009 Gemeindepfarrer in Mannheim-Feudenheim. Außerdem ist er Privatdozent für Kirchengeschichte an der Universität Heidelberg. „Mein Herz schlägt für Kirche, Theologie und Bildung“, sagt er. Bitzel will die Erwachsenenbildung stärken. Die Ausstiege der USA aus dem Klimaschutzabkommen und dem Iran-Atomabkommen seien beunruhigende Entwicklungen. Umso wichtiger sei es, dass Christenmenschen ihr Engagement für Frieden und Umwelt verstärkten.

Der 56-jährige Pfarrer Friedemann Fritsch war von 1994 bis 2005 mit seiner Frau Pfarrer in Gundersweiler, dann wechselte das Ehepaar zur badischen Landeskirche nach St. Georgen im Schwarzwald. Bei allen Veränderungen muss für ihn die Kirche als Kirche Jesu Christi erkennbar bleiben. Es müsse nicht ständig vom drohenden Untergang, sondern von der Verheißung der Frohen Botschaft geredet werden. Er wolle vor allem als Gebietsdezernent vor Ort die Menschen ermutigen, am Wachsen der Kirche mitzuarbeiten.

Der 48-jährige Germersheimer Dekan Claus Müller ist Mitglied der Landessynode und des AOK. Der promovierte Theologe wurde 2009 zum Dekan gewählt, zuvor war er Pfarrer an der Gedächtniskirche Speyer. In seiner persönlichen Biografie seien Kirche und Bildung immer wieder zusammengefallen, sagt Müller. Bei der Nachwuchspflege wolle er vor allem die Multiplikatoren in den Schulen und in der Jugendarbeit motivieren, geeignete Bewerber für das Theologiestudium direkt anzusprechen. Eine spannende Aufgabe sei es auch, Quereinsteiger für den Pfarrberuf zu interessieren.

Die 53-jährige Dorothee Wüst ist seit 2012 Dekanin in Kaiserslautern, zuvor war sie Pfarrerin in der Lutherkirchengemeinde Kaiserslautern und in Weilerbach. Sie gehört der Synode und dem AOK an. Wüst hält einen Kulturwandel in der Kirche für nötig. Um in Zukunft zu bestehen, brauche die Kirche eine gute Kommunikationskultur und eine konstruktive Streitkultur. Sie müsse sich vom Burgdenken und von der Illusion perfekter Lösungen verabschieden. Und, da sind sich alle vier Kandidaten einig: Die Zukunft ist nur zu gewinnen im Vertrauen auf Gott, der eine Kirche auf Erden will. Klaus Koch

Fehlerfreundliche Suche nach neuen Wegen

Landessynode berät Konzept für Erprobungsräume in der Kirche – Geistliche Aspekte im Vordergrund

Die pfälzische Landeskirche will mit neuen Angeboten das kirchliche Leben stärken. Bei den nötigen Veränderungsprozessen müssten geistliche Aspekte mehr in den Vordergrund rücken, sagte Oberkirchenrätin Marianne Wagner. Wenn sich die Kirche angesichts sinkender Finanzmittel und Mitgliederzahlen nur um Effektivität und Wirtschaftlichkeit kümmere, werde sie ihrem Auftrag, das Evangelium in die Welt zu bringen, nicht gerecht.

Mit einem Konzept für Erprobungsräume, das die Landessynode auf ihrer Frühjahrstagung berät, will die Oberkirchenrätin ein Signal an die Basis senden. „Wir wollen Menschen ermutigen, etwas auszuprobieren, etwas anzustoßen, was zu ihnen und dem Ort, in dem sie leben, passt.“ Dabei dürfe kein Erfolgsdruck entstehen. Fehlerfreundlichkeit und das Risiko zu scheitern, seien ausdrücklich Bestandteile des Konzepts.

Es reicht nach Wagners Worten nicht, Angebote zu optimieren und besser zu bewerben. Wichtiger sei, Dinge anzupacken, für die sich engagierte Menschen fänden und die dem Gemeinwesen nützten. Sie könne sich etwa vorstellen, dass eine Kirchengemeinde der Kommune anbiete, im Gemeindehaus ein Geschäft mit Café einzurichten. Dort könnten sich Menschen treffen, erzählen oder gemeinsam in der Bibel lesen.

In den Erprobungsräumen sieht Wagner die Chance, Menschen für die Mitarbeit zu gewinnen, die der Kirche bisher fernstehen. Wenn die Kirche Projekte auf den Weg bringe, die das Leben und die Gemeinschaft vor Ort bereicherten, könnten neue Zielgruppen angesprochen werden. Allerdings sei es eine große Herausforderung, solche Initiativen erfolgreich zu kommunizieren.

In dem Konzept sind für die Erprobungsräume jährlich 250000 Euro vorgesehen. Das Geld diene nicht der Finanzierung von Projekten, sagte Wagner. Es sei für die Beratung der Initiativen vorgesehen sowie für eine Ideenbörse oder Exkursionen zu bestehenden kirchlichen Angeboten. Einen Zeitrahmen sieht das Konzept nicht vor. „Zeitdruck ist nie gut für den Versuch, sich Neuem zu öffnen“, sagte Wagner, die für die Perspektivarbeit der Landeskirche zuständig ist. koc

Kirchenunion als Schwerpunktthema

Das Jubiläum 200 Jahre Pfälzer Kirchenunion ist Schwerpunktthema der Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz, die vom 23. bis zum 26. Mai im Gemeindezentrum „Alte Eintracht“ in Kaiserslautern tagt. Dazu wird es am Freitag, 25. Mai, eine Einführung von Kirchenpräsident Christian Schad, zwei Vorträge und ein Podiumsgespräch geben. Außerdem wählt die Synode am Donnerstag, 24. Mai, einen Nachfolger für Oberkirchenrat Michael Gärtner und diskutiert am Mittwoch, 23. Mai, Erprobungsräume für die Zukunft kirchlicher Arbeit. Außerdem vorgesehen sind der Bericht des Kirchenpräsidenten, Berichte gesamtkirchlicher Dienste und die mittelfristige Finanzplanung der Landeskirche bis ins Jahr 2024. koc

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