Freundlicher Brief an ausgetretene Kirchenmitglieder

Kirchengemeinden kämpfen gegen Mitgliederschwund an – Bessere Gottesdienste und Gesprächsangebote sollen Kirchenmitglieder halten

Leere Kirche: Die Zahl der Kirchenmitglieder geht zurück. Foto: Pixabay

Durch den demografischen Wandel sinkt die Zahl der Kirchenmitglieder: Doch die Zahl der Austritte bleibt hoch. Foto: epd-grafik 1204

Gegen den Tod ist auch die Kirche machtlos: Vor allem durch den demografischen Wandel sinkt die Zahl der Protestanten in der Pfalz und Saarpfalz, wie im ganzen Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die Zahl der Beerdigungen übersteigt die Zahl der Taufen deutlich. Doch schmerzlicher muss es für die Kirche sein, dass ihr weiterhin die Mitglieder in großer Zahl davonlaufen: 4441 Menschen kehrten der pfälzischen Landeskirche im Jahr 2017 den Rücken, 243 mehr als im Vorjahr. Rund 200000 Menschen verlor die evangelische Kirche bundesweit.

Heiß diskutiert wird, wie man der Kirche entfremdete Menschen hält, sie zurückholen und auch neue Mitglieder gewinnen kann. Eine Herausforderung sei es, „Vertrauen zu schaffen für eine gute und überzeugende Arbeit“, sagte Oberkirchenrat Dieter Lutz bei der Vorstellung der für die Landeskirche eher enttäuschenden Mitgliederstatistik im Juli. Die Kirche müsse vermehrt das Gespräch mit den Menschen suchen, den christlichen Glauben erklären, gab Kirchenpräsident Christian Schad am Jahresende bei einem Empfang für Pressevertreter als Ziel vor.

Leider gebe es nur wenige Erkenntnisse darüber, warum Menschen aus der Kirche austreten, informiert der Sprecher der Landeskirche in Speyer, Kirchenrat Wolfgang Schumacher. Die wenigsten begründeten ihre Entscheidung, sondern kündigten „still und leise“ bei einer staatlichen Stelle ihre Mitgliedschaft. Für die Gemeinden hat die Landeskirche Vorlagen für Briefe an Ausgetretene mit einem Gesprächsangebot entwickelt.

Auch Matthias Schwarz, Dekan des Kirchenbezirks an Alsenz und Lauter, sieht nur im direkten Austausch mit den Menschen eine Chance für die Zukunft der Kirche. Selbstbewusster müssten die Protestanten für ihren Glauben Partei ergreifen und werben, appelliert er. In allen Lebensbereichen der Menschen müsse die Kirche mit ihren Angeboten präsent sein. Vor allem müsse die Kirche wieder mehr Wert auf liebevoll vorbereitete und kreative Gottesdienste legen, sagt Schwarz.

Ausgetretene Kirchenmitglieder erhielten in seinem Dekanat einen Brief, in dem sie gebeten werden, ihren Schritt nochmals zu überdenken. „Es ist wichtig zu zeigen, dass der Austritt in der Kirchengemeinde schmerzlich wahrgenommen wird“, sagt er. Der Speyerer Dekan Markus Jäckle setzt ebenfalls alles daran, Austrittswillige nicht einfach so ziehen zu lassen. Allerdings habe er auf seine Briefe mit Gesprächsangeboten noch keine Rückmeldung erhalten, sagt er. Wichtig sei es, neue familien- und jobfreundliche Modelle und Formen des Gottesdienstes zu erproben. Ein hoher Stellenwert komme den kirchlichen Beziehungen zu jungen Familien zu, etwa durch eine gute Konfirmanden- oder Pfadfinderarbeit.

Vor allzu schnellen Aktionen gegen den starken Mitgliederschwund rät die Landeskirche ab, da sie wie ein „Strohfeuer“ verpuffen könnten. Kostspielige Kampagnen für den Eintritt und Wiedereintritt müssten zielgruppenorientiert sehr gut vorbereitet sein, sagt Pressesprecher Schumacher. Die beste Werbung für die Kirche seien indes ansprechende Gottesdienste, findet er. Diese sollten für alle Menschen offen sein.

Der Ansatz gegen Austritte könne nur sein, „die Kirche zu einem Teil des Lebens möglichst vieler Menschen zu machen“, gibt Oberkirchenrat Michael Gärtner zu bedenken. Trotz aller Bemühungen werde die Kirche, die für viele Menschen belanglos geworden sei, nie mehr als 20 Prozent der Bevölkerung auf Dauer binden können. Eine Kirche, deren Akzeptanz in der Gesellschaft nicht selbstverständlich sei, brauche ein kluges und belastbares, junges Pfarrpersonal, sagt der Bildungsdezernent. Werben müsse die Kirche auch in der Jugendarbeit, in der Kirchenmusik und im Religionsunterricht. Alexander Lang

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