Freies Wort zu Glauben und Gewissen

Frankfurter Literat Harry Oberländer ist Stipendiat der Landeskirche – Luther und die Freiheit bedenken

Schreibt im Reformationsjahr über Gott und die Welt: Harry Oberländer vor dem Edenkobener Künstlerhaus. Foto: LM

Harry Oberländer sucht nach Worten. Er sitzt an seinem Schreibtisch im Künstlerhaus Edenkoben und lässt den Blick über die Weinreben schweifen. In der Ferne das Hambacher Schloss, die Wiege der deutschen Demokratie, ganz in der Nähe das Schloss Villa Ludwigshöhe, die Sommerresidenz der Bayernkönige. Was für ein Umfeld, um die Gedanken kreativ um das Thema „Freie Sprache des Gewissens und Glaubens“ kreisen zu lassen, sagt der Frankfurter Literat. „Da fängt es in meinem Kopf an zu arbeiten.“

Seit Kurzem ist der 66-jährige Schriftsteller und Journalist Lyrik-Stipendiat der pfälzischen Landeskirche anlässlich des Reformationsjubiläums. Ideengeber waren Kirchenpräsident Christian Schad, der Neustadter Dekan Armin Jung, der frühere Kulturstaatssekretär Walter Schumacher (SPD) und Hans Thill, der künstlerische Leiter des Künstlerhauses. Die Landeskirche will das Haus als einen „Leuchtturm“ künstlerischen Wirkens in der Pfalz würdigen und deutlich machen, dass ohne Martin Luther die Sprache der Deutschen heute eine andere wäre.

Oberländer, ein ehemaliger Weggefährte von Joschka Fischer während dessen revolutionärer Zeit in Frankfurt, ist sicher kein Auftragsschreiber oder „Lutherpoet“, der der Kirche nach dem Mund redet. Als „linker Protestant“ nähere er sich dem Thema Reformation über die bis heute wirkmächtige Sprachgewalt Luthers an, sagt Oberländer. „Luther hat polemisch Position bezogen und Konflikte auf den Tisch gebracht“, sagt Oberländer. Als „Alt-Achtundsechziger“ gefällt ihm das erklärtermaßen gut. Die Kirche maßregeln oder ihr Ratschläge erteilen will der Schriftsteller nicht, der in der nordhessischen Hugenottenstadt Bad Karlshafen geboren wurde. In einer Welt, in der das freie Wort zunehmend gefährdet ist, „sind klare Worte aber immer wichtig“, merkt er an.

Was kann Lyrik, was kann er als Poet im Reformationsjahr leisten? Harry Oberländer verweist auf das berühmte Gänsegleichnis von Søren Kierkegaard (1813 bis 1855). Im diesem schilt der dänische Philosoph und Theologe die Christen als satte Gänse. Auch Oberländer will die oft niedergedrückten Protestanten ermutigen, „die Flügel zu heben und zu fliegen“. Erste Zeilen hat der Stipendiat bereits geschrieben. Öffentlich vortragen will er sie am 26. Mai um 19 Uhr unter dem Motto „Wort für Wort“ im Künstlerhaus. all

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