Es geht um Legitimation und die Relevanz vor Ort

In der Landeskirche beginnen die Vorbereitungen für die Presbyteriumswahl – Interaktive Gemeindeversammlung in Sausenheimer Weingut

In Sausenheim fand eine interaktive Gemeindeversammlung statt. Pfarrer Christopher Markutzik (rechts) wollte damit die Relevanz der Kirche vor Ort deutlich machen. Foto: Dell

Kirche funktioniert nur im Dialog: Spannende und gut besuchte Gemeindeversammlung im Sausenheimer Weingut Gaul. Foto: Dell

Das Gedränge ist groß im Sausenheimer Weingut Karl-Heinz Gaul. Eingerahmt von Holzfässern und Stahltanks stehen 40 Schautafeln, auf denen die Arbeit der Kirchengemeinde dokumentiert ist. Die etwa 100 Besucher schlendern mit Wein und Häppchen daran vorbei und sind beeindruckt. „Ich wusste, dass in der Gemeinde viel passiert, aber dass das Angebot so groß ist, überrascht mich doch“, sagt eine Protestantin aus dem Grünstadter Vorort. Mit der interaktiven Gemeindeversammlung beginnt die Kirchengemeinde ihre Vorbereitung auf die Kirchenwahlen am ersten Advent dieses Jahres.

Handschriftlich hat Pfarrer Christopher Markutzik alle 700 Gemeindemitglieder eingeladen. 100 sind gekommen, 70 haben persönlich abgesagt. Also hat ein Viertel der Gemeinde reagiert. Und da seien auch die ganz Alten und ganz Jungen mit eingerechnet, sagt Markutzik. Rechne man nur die über 14-Jährigen heraus, die bei den Wahlen zum Presbyterium teilnehmen dürfen, sind es weit über 30 Prozent.

Und diese „30 Prozent“ sind die Messlatte für die Kirchenleitung. So hoch war vor sechs Jahren die Wahlbeteiligung bei den Presbyteriumswahlen. Ein deutschlandweit einsamer Spitzenwert für die mit etwa 510000 Mitgliedern eher kleine Landeskirche. Er hoffe, dass diese hohe Wahlbeteiligung wieder erreicht werde, sagt Kirchenpräsident Christian Schad. Das wäre Ausdruck der Stärke und zugleich der Legitimation des presbyterial-synodalen Systems, nach dem die Kirche von unten her aufgebaut ist. Derzeit gibt es in der Pfalz und der Saarpfalz rund 4000 Presbyter in 400 Gemeinden.

Die Relevanz der Kirche vor Ort ist auch für den Sausenheimer Gemeindepfarrer Markutzik der entscheidende Punkt. „Wir wollen Dinge machen, die der Dorfgemeinschaft guttun.“ Mit der Veranstaltung im Weingut wolle die Gemeinde zeigen, dass Kirche vor Ort präsent sei und sich nicht in großen Einheiten auflöse. Im katholisch geprägten Neuleiningen, das auch zu Markutziks Pfarramt gehört, werde gerade deutlich, dass der von der katholischen Kirche eingeschlagene Weg hin zu Großgemeinden Identität kostet.

Mehrfach drohen an diesem Abend die aufgestellten Schautafeln im Weingut Gaul umzufallen, so eng geht es zu. Die Besucher kleben fleißig Kommentare und Wünsche auf die einzelnen Angebote. Neben einigen neuen Ideen gibt es dabei vor allem Lob. Die Aufforderung von Eva-Maria Markutzik, der Ehefrau des Pfarrers, auch zu kritisieren, ändert daran nichts.

Natürlich werden auf den Plakaten die gängigen Aufgaben der Kirche wie Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen, Gottesdienste und Seelsorge vorgestellt; aber auch Außergewöhnliches wie ein offener Nähtreff und der „Sausenheimer Feierabendtreff“. Dieser „Treffpunkt fürs Dorf“ findet an fünf Donnerstagen von Ende Mai bis Anfang Juli statt. Mehrere hundert Besucher kommen.

Viel Zustimmung findet auch der Geburtstagstreff. Zusätzlich zu den Besuchen lädt die Gemeinde regelmäßig die über 70-jährigen Geburtstagskinder zu einer gemeinsamen Feier ein. „Besser als Besuche! Hier kommen die Menschen zusammen“, kommentiert ein Besucher. Das bestätigt Markutziks Grundthese: „Kirche funktioniert nicht im Monolog, sondern nur im Dialog.“

Das sieht auch die Landeskirche in Speyer so. Seit September vergangenen Jahres sendet sie den Kirchenpräsidenten und die fünf Oberkirchenräte zu Veranstaltungen in die Kirchenbezirke. „Mitreden – Landeskirchenrat vor Ort“ heißt die Reihe. Dabei wolle die Kirchenleitung keine Vorträge halten, sagt Pressesprecher Wolfgang Schumacher. „Wir wollen mit den Menschen ins Gespräch kommen.“ Bis Sommer sind 17 dieser Veranstaltungen geplant. Dann beginnt in den Kirchengemeinden die heiße Phase der Suche nach Kandidaten fürs Presbyterium.

Manche Gemeinden werden es schwer haben, Kandidaten zu gewinnen, sagt Kirchenpräsident Schad. Doch für die Zukunft der Kirche seien die Presbyter entscheidend: „Das bekannte Gesicht am vertrauten Ort, der persönliche Kontakt zu den Menschen stärkt die Bindung der Menschen an die Kirche am nachhaltigsten.“ In Sausenheim klappt das offensichtlich: „Toll! Ein freundliches, ansprechendes Team“, lautet ein Kommentar auf dem Plakat des Presbyteriums. Klaus Koch

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