Den Wert des Alten Testaments betont

Landeskirchlicher Arbeitskreis „Kirche und Judentum“ diskutiert Aussagen von Professor Notger Slenczka

Eine Norm des Glaubens: Mose und die Zehn Gebote (Gemälde in der Kirche St. Nikolai in Constappel bei Meißen). Foto: epd

Die Frage führt seit vielen Jahrhunderten zu Streit unter christlichen Gelehrten: Welche Bedeutung hat das Alte Testament für den christlichen Glauben und in welchem Verhältnis steht es zum Neuen Testament? Vor einiger Zeit hat der Berliner evangelische Theologieprofessor Notger Slenczka die Debatte neu befeuert. Das Alte Testament sei für Christen keine Glaubensnorm, schließlich spiele es im Glaubensleben kaum eine Rolle.

Solche Äußerungen rufen zwangsläufig den landeskirchlichen Arbeitskreis „Kirche und Judentum“ auf den Plan. Er setzt sich seit Langem für eine Aufwertung des Alten Testaments im Gottesdienst ein, weil es auf die jüdischen Wurzeln des Christentums verweise. Die Mitglieder des Arbeitskreises wollten in ihrer jüngsten Sitzung nicht so weit gehen wie andere Kritiker und Slenczka des Antijudaismus bezichtigen. Aber seine Äußerungen hätten das Potenzial, antijudaistischen Positionen Vorschub zu leisten, sagte der Vorsitzende des Arbeitskreises, Pfarrer Stefan Meißner.

Wer die hebräische Bibel nur als eine Art Vorgeschichte begreife, über die das christliche Neue Testament hinauswachse, diskreditiere dadurch den jüdischen Glauben. Das Alte Testament sei aber nicht die Vor-, sondern die Urgeschichte des Christentums ohne das das Neue Testament überhaupt nicht zu verstehen sei, sagte Meißner.

Unverständnis zeigte der Arbeitskreis auch über Slenczkas Behauptung, das Alte Testament spiele in der christlichen Glaubenspraxis keine Rolle. De facto habe es zwar in der Kirche eine geringere Bedeutung als das Neue Testament, sagte Manfred Oeming, Professor für Alttestamentliche Theologie an der Universität Heidelberg. Aber Stücke wie die Psalmen oder die Schöpfungsgeschichte, der Auszug aus Ägypten oder die Geschichte von Hiob seien in den Gemeinden durchaus präsent.

Eine Gelegenheit für die Landeskirche, sich mit dem Rang des Alten Testaments für den Glauben auseinanderzusetzen, ist das Unionsjubiläum 2018. Die Unionssynode 1818 in Kaiserslautern hatte nämlich beschlossen, dass bis auf das Neue Testament alle für die Protestanten bisher gültigen Bücher abgeschafft sind, um die Gewissensfreiheit des Einzelnen nicht zu beschränken. Betroffen war also auch das Alte Testament. Es wurde erst nach jahrelangem Disput mit der Kirchenaufsicht in München 1821 wieder aufgenommen. koc

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