Anhänglichkeit ans Werk fördern

Blick in die Geschichte des kulturellen und sozialen Engagements der BASF – Konzern ist 150 Jahre alt

Mit Häusern für Mitarbeiter fing es an: Heute gibt die BASF 45 Millionen Euro für ihr gesellschaftliches Engagement aus. Foto: Kunz

Die Arbeitsstelle von Karin Heyl hat einen beeindruckenden Namen. Sie ist Vice President Social Engagement and Work-Life-Management bei BASF SE. Das macht auf den ersten Blick deutlich: Hier ist ein internationaler Großkonzern am Werk, denn sonst hieße die Bezeichnung wohl nur Bereichsleiterin Kultur, Sport und Soziales bei der BASF in Ludwigshafen. Recht bodenständig hingegen ist die Bezeichnung des wichtigsten Ortes für die von Heyl verantworteten Veranstaltungen: BASF-Feierabendhaus.

Die Spannweite der beiden Begriffe zeugt vom Selbstverständnis des weltweit führenden Chemiekonzerns im Jahr seines 150. Geburtstags. Er ist einer der großen Spieler der internationalen Wirtschaft und will dennoch den Kontakt zu seinen Wurzeln erhalten. Zu diesen Wurzeln zählen nicht nur Farb- und Bleichstoffe wie Anilin und Soda, sondern auch soziales, kulturelles und sportliches Engagement.

Im Jahr 2014 wendete die BASF weltweit 45,4 Millionen Euro für Spenden, Sponsoring und eigene Projekte auf. Über die Hälfte ging in die Bildung, je zehn Prozent in Soziales und Kultur. Geleitet wird das Unternehmen dabei nicht von schierer Menschenfreundlichkeit. „Es ist für ein Unternehmen von entscheidender Bedeutung, in seinem Wirtschaftsraum Mitarbeitern, ihren Familien, Lieferanten, Kunden und Nachbarn ein lebenswertes Umfeld zu bieten“, sagt Heyl. Zu einem attraktiven Standort gehört mehr als guter Lohn.

Das ist schon dem ersten BASF-Chef Friedrich Engelhorn klar. Bereits 1866, ein Jahr nach der Gründung, wird der erste Werksarzt eingestellt, 1900 wird daraus eine ärztliche Abteilung auf dem Werksgelände. Die Badische Anilin und Soda Fabrik ist ursprünglich im Mannheimer Ortsteil Jungbusch angesiedelt. Doch schon eine Woche nach der Gründung am 6. April zieht sie auf die bayerische Rheinseite in den Ludwigshafener Ortsteil Hemshof. Der bayerische König Maximilian II. fördert die Ansiedlung von Industrieunternehmen, sodass die neue Fabrik mit einer Subvention von 1,5 Millionen Gulden bedacht wird, immerhin 100 000 Gulden mehr als das Grundkapital des Unternehmens.

Auch aufgrund der BASF gehört Ludwigshafen damals zu den am stärksten wachsenden Städte in Deutschland. Entsprechend groß ist die Wohnungsnot. Das Unternehmen baut deshalb Häuser für Angestellte und Arbeiter, beklagt aber bald den ungebremsten Kapitalismus. 1900 heißt es im Geschäftsbericht, dass „die Landpreise in der unmittelbaren Nachbarschaft der Fabrik auf eine ungerechtfertigte Höhe getrieben worden sind“ und „das Eingreifen von Speculanten es geradezu unmöglich gemacht hat, große Complexe zu erwerben“. Also kauft die BASF das Gut Limburger Hof am Bahnhof von Mutterstadt, acht Kilometer vom Werk entfernt, und errichtet dort nach dem Hemshof die zweite BASF-Kolonie.

Auch sonst geizt das Unternehmen nicht mit Sozialleistungen. Ab 1875 zahlt das Werk Krankengeld, 1884 wird eine Betriebskrankenkasse gegründet, 1908 gibt es erstmals Urlaubsgeld. Das Ziel ihrer Bemühungen nennt die BASF 1900 unverblümt: „Es wurden Stiftungen und Fonds geschaffen, die dazu bestimmt waren, auch die weiteste Zukunft der Werksangehörigen soweit wie möglich sicherzustellen, ihnen in schwierigen Lebenslagen mit Rat und Tat helfend beizustehen und damit das Gefühl der Anhänglichkeit an das Werk zu wecken und zu fördern.“

Nach dem Ersten Weltkrieg erkennt die BASF, welch wichtiger Kitt für den Zusammenhalt des Unternehmens die Kultur sein kann. In Deutschland toben Arbeiterunruhen, als sich am 19. Oktober 1919 Arbeiter und Angestellte der BASF einen Bildungsausschuss gründen, um zu verhindern, dass diese Wirren die „Anilin“ beschädigten. „Wir alle sind uns der Gegensätze bewusst, die zwischen den einzelnen Gruppen der Fab­rik … bestehen. Wenn diese Kämpfe nicht zu einem Ausgleich … führen, gehen wir einem Zusammenbruch entgegen, der für alle furchtbar sein wird.“ Es wird ein Unterhaltungsprogramm von BASFlern für BASFler auf die Beine gestellt: „Wer Gedichte oder auch Prosa gut vorlesen kann, besonders wer ein Soloinstrument spielt, ist uns willkommen.“ Die Veranstaltungen finden im 1913 gebauten Vereinsheim, dem späteren Feierabendhaus statt. Dort gibt 1921 auch das Pfalzorchester ein großes Konzert, was als Geburtsstunde des BASF-Kulturprogramms gilt.

1921 ist ein schweres Jahr für die BASF. Der Konzern kämpft ums Überleben. Die Produktion muss wieder auf zivile Produkte umgestellt, Reparationszahlungen müssen erbracht werden, die Arbeiter sind in Aufruhr. Und am 21. September explodiert ein Düngemittelsilo in Oppau, 561 Menschen sterben.

Doch die Kultur wird weiter gepflegt. BASF-Chef Carl Bosch verlangt jedoch, dass, wenn die BASF dies schon mache, dann auf höchstem Niveau. In der Folge treten viele internationale Künstler auf, 1925 wird das Feierabendhaus in einen modernen Konzertsaal umgebaut. Doch die kulturelle Blüte ist schnell vorbei. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten dienen die Konzerte vor allem dazu, dass Gauleiter und Parteibonzen sich in Szene setzen können. Der Weg der BASF hingegen geht, jetzt zur I.G. Farben mit anderen Unternehmen verbunden, bald erneut in die Kriegsproduktion. Wie die 50-Jahr-Feier der BASF fällt auch die 75-Jahr-Feier wegen eines Kriegs aus.

Nach 1945 steht erneut ein Wiederaufbau an. Und wieder setzen die BASF-Oberen auf die verbindende Kraft der Musik. Bereits im November 1945 findet das erste Nachkriegskonzert statt. Bis heute wird das Kulturprogramm stetig ausgebaut. Kunst und Musik auf höchstem Niveau tragen dazu bei, die Metropolregion Rhein-Neckar als attraktiven Wirtschaftsstandort voranzubringen, sagt Karin Heyl. Dabei trete die BASF nicht in Konkurrenz mit örtlichen Veranstaltern, sondern arbeite als verlässlicher Partner mit anderen zusammen. „Wir orientieren uns dabei immer an der Frage: Was braucht die Region?“

Was die BASF braucht, ist heute wie früher das Gleiche: zufriedene Arbeitskräfte, guten Nachwuchs und ein wirtschaftsfreundliches Umfeld. Längst gilt das global. Auch an anderen Standorten engagiert sich der Konzern sozial und kulturell, zusammen mit Nichtregierungsorganisationen und den Vereinten Nationen betreibt er Flüchtlings-, Katastrophen- und Entwicklungshilfe. In Ludwigshafen ist das gesellschaftliche Engagement seit 2013 im „Mitarbei­terzentrum für Work-Life-Management („LuMit“)“ organisiert. Hierin bündelt die BASF ihre Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, die sich auf Beruf und Familie (LuKids), Sport und Gesundheitsförderung (LuFit) und Sozialberatung der BASF Stiftung (LuCare) beziehen.

Der Schwerpunkt des Engagements liegt jedoch eindeutig auf der Bildung. Sozial schwächere Schüler werden ebenso unterstützt wie die Integration von Migranten und naturwissenschaftlich-technische Projekte für Schüler an höheren Schulen. „Und wir wollen unterstützen, dass für möglichst viele Kinder die Weichen rechtzeitig richtig gestellt werden“, sagt Heyl. Deshalb ist die BASF seit zehn Jahren bei der „Offensive Bildung“ in Kindertagesstätten aktiv. Sehr zur Freude auch der kirchlichen Träger. „Wir begrüßen es, dass die BASF sich für das Gemeinwohl engagiert und damit zu mehr Chancengerechtigkeit beiträgt“, sagt der für die Kindertagesstätten zuständige Oberkirchenrat der pfälzischen Landeskirche, Manfred Sutter. Und: „Wir freuen uns darauf auch weiterhin mit der BASF frühe Bildungschancen zu eröffnen.“Klaus Koch

BASF in Zahlen

Im Jahr 2014 machte die BASF-Gruppe einen Umsatz von 74,3 Milliarden Euro und einen operativen Gewinn von 7,4 Millionen Euro. Derzeit laufen in dem Konzern rund 3000 Forschungsprojekte, für Forschung und Entwicklung werden 1,9 Milliarden Euro ausgegeben. Weltweit arbeiten 113 000 Menschen an den 359 Produktionsstandorten. koc

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