An der Nordwand wartet zum Schluss der Höllenschlund

Restaurierung der historischen Wandmalereien in der Alten Winzinger Kirche Neustadt abgeschlossen – Barockdecke soll überarbeitet werden

Haben vier Jahre lang die Kalkseccomalereien restauriert: Die Expertinnen Kristina Brakebusch (links) und Karen Keller. Foto: LM

Beharrlichkeit und Engagement haben zum Ziel geführt. Die Restaurierung der aus dem 14. Jahrhundert stammenden Wandmalereien in der Alten Winzinger Kirche im Neustadter Stadtteil Winzingen ist abgeschlossen. 200000 Euro haben die Arbeiten an den vier Wänden der kleinen gotischen Kirche gekostet. Mit einer kleinen Feierstunde wurde der Abschluss der Restaurierung gefeiert.

„Sie wird immer mehr in Vergessenheit geraten“, war im März 1965 im Evangelischen Gemeindeblatt über die Alte Winzinger Kirche zu lesen. Die Martin-Luther-Kirchengemeinde zog in eine neue, größere Kirche um. Dass die Alte Winzinger Kirche nicht in Vergessenheit geraten ist, sei vor allem einer 1996 gegründeten Fördergemeinschaft zu verdanken, die sehr viel für den Erhalt des Kirchleins getan hat, betonte Frank Schuster, Pfarrer der Martin-Luther-Kirchengemeinde, bei einer Feier zum Abschluss der Restaurierung.

1973 stellte man fest, dass unter dem Wandputz mittelalterliche Malereien verborgen sind. Sie waren um 1500 verputzt worden. 1911 waren die Malereien schon einmal entdeckt, aber wieder verdeckt worden. 2007 gab das Landesamt für Denkmalpflege eine restauratorische Befunduntersuchung bei den Restauratorinnen Karen Keller und Kristina Brakebusch in Auftrag. „Damals haben wir uns in diese Kirche verliebt“, verriet Keller.

Sie und Brakebusch haben mit Unterstützung von Kollegen seit 2015 die Restaurierung übernommen, die in vier Abschnitten erfolgte. Ursprünglich sollten nur zwei Wandbilder an der Ostseite der Kirche, die um 1330 gemalt wurden, restauriert werden, blickte Olaf Kleinschmidt zurück. Als Nachfolger von Ursula Baade und Rosemarie Broßardt ist er seit Ende 2017 Vorsitzender der Fördergemeinschaft. Man habe nicht damit gerechnet, dass auch die Restaurierung der Malereien an den anderen Wänden, die aus der Zeit um 1380 stammen, finanziert werden könne. Die Vorgängerinnen Ursula Baade und Rosemarie Broßardt haben allerdings viel dafür getan. „Das Unglaubliche ist wahr geworden, die Restaurierung an allen Wänden ist beendet“, freuten sich Kleinschmidt und der Neustadter Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer.

Zum Schluss war die Nordwand an der Reihe. Dabei „haben wir noch einmal eine große Überraschung erlebt“, berichtete Karen Keller. Bildfragmente ergaben eine Darstellung des Höllenschlunds – des Tors zur Hölle. Ein Stück neben dem Höllenschlund sind die Reste der Darstellung eines Heiligen zu sehen, es ist dies wahrscheinlich der heilige Ulrich.

An der Südwand ist ein Bilderzyklus mit Szenen aus dem Leben Christi zu sehen. Es sei dies weit und breit die einzige Vorhangmalerei, bei der die Darstellung bis zum Sockel erhalten ist, so Keller. Generell seien die in Kalkseccomalerei entstandenen Wandmalereien von „hoher künstlerischer Qualität“ und „besonders gut erhalten“.

Die Wandmalereien seien „ein hervorragendes Schaufenster“ in eine Zeit, die rund 700 Jahre zurückliege, sagte Ingo Röthlingshöfer. Er und Pfarrer Frank Schuster bedankten sich bei der Fördergemeinschaft Alte Winzinger Kirche. Sie hat 100000 Euro für die Restaurierung aufgebracht, weitere 100000 Euro kamen durch Zuschüsse zusammen. Zuletzt hatte sich die Dr.-Weisbrod-Russ-Stifung unter dem Dach der Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland mit 24500 Euro an der Restaurierung der Malereien an der Nordwand beteiligt. Als Nächstes soll die Barockdecke der Kirche hergerichtet werden, die Risse hat. Sie soll in den Originalfarben der Kirche wiederhergestellt werden, kündigte Kleinschmidt an. Dies werde zwischen 60000 und 70000 Euro kosten. Um dies zu finanzieren, müsse die Fördergemeinschaft erst einmal einige Zeit sparen und Gelder, beispielsweise durch Fundraisingaktionen wie etwa die Veranstaltungsreihe in der Alten Winzinger Kirche, erwirtschaften. anr

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